eine Randbemerkung zu Star Wars
– oder –
Dualismus vs. Komplexität
(keine Spoilergefahr, ehrlich!)
Auch ich habe über die Feiertage die Gelegenheit genutzt und mit meinen Lieben „Das Erwachen der Macht“, den aktuell siebten Teil der Star Wars Saga im Kino angesehen, purer Dualismus in 3D. Damit habe ich ebenfalls einen klitzekleinen Beitrag dazu geleistet, dass das neueste Machwerk der von George Lucas erfundenen Serie zu einem absoluten Kassenschlager wurde. Sicher werde ich mir die noch ausstehenden zwei Folgen 8 und 9 ebenfalls ansehen – man muss ja mitreden können.
Eine Perry Rhodan NEO-Verfilmung wäre mir lieber gewesen – aber ich mag halt – wie so viele – die Bilder und Szenen, geschrottete Raumschiffe, bekloppte Roboter, usw. Obwohl es eigentlich eher Fantasy ist als Science Fiction.
Beim Stöbern im Netz stolperte ich über eine Info, die mir neu war. Lucas soll einen wesentlichen Teil seiner Inspiration, nämlich die Idee der Macht, „May the Force be with you“, aus einem Dokumentarfilm des Kanadiers Arthur Lipsett gewonnen haben. In diesem Film, „21-87“ mit Titel, gibt es einen aufschreckenden Dialogschnipsel zwischen dem IMAX-Erfinder Roman Kroitor und dem Physiologen und Kybernetiker Warren Sturgis McCulloch. McCulloch vertritt darin die Ansicht, dass Tiere und Menschen, generell alle Lebewesen nicht mehr aber auch nicht weniger als eine Art komplexer Maschinen seien. Kroitor widerspricht dem vehement, er äußert, dass viele Menschen in der Betrachtung der Natur und in der Kommunikation mit anderen lebenden Dingen einer Kraft gewahr werden, die hinter der offensichtlichen Maske liege, der wir uns gegenüber sehen. Durch diese Bemerkung Kroitors soll George Lucas die Idee, die Assoziation zu „The Force“ gehabt haben. (Quelle 1, Quelle 2)
Was sage ich, McCulloch, der nebenbei bemerkt der eigentliche Vater der Kybernetik ist, hatte natürlich recht. Es leuchtet beim zweiten Lesen ein, dass er den Begriff „Maschine“ wohl als provokante Metapher verwendet hat, die wesentliche Veränderung zur Alltagsbedeutung von Maschine erfährt der Begriff erst durch die zusätzliche Verwendung des Adjektivs „komplex“. Denn unsere Maschinen sind nicht komplex, sie sind im Gegensatz dazu entweder einfach oder kompliziert. Es ist jedoch einfacher, wie Kroitor auf ein „Gefühl“ zu setzen und statt Komplexität eine diffuse Kraft anzunehmen, eine Art „Äthertheorie“ der Wirkzusammenhänge in der Welt, die aus der Welt einen kruden Dualismus macht. Die gewöhnliche Materie auf der einen – die allesdurchdringende „The Force“ auf der anderen Seite.
Und Lucas webt daraus – gleichwohl und wie bekannt mit jeder Menge hintergründiger Bezüge und Interpretationsmöglichkeiten – einen Blockbuster-Klassiker, der – nicht unser Bedürfnis nach Aufklärung – aber unser Bedürfnis nach Mythen aufs Hervorragendste bedient.
Mythen in Tüten. Mit Dualismus lässt sich Kohle machen. Jede Menge Kohle.
Aber hmm, da war doch was…. Seit Star Wars Folge 1 wissen wir auch, dass das mit der Macht die Midichlorianer sind, mikroskopisch kleine Lebewesen, von denen allerdings nicht ganz klar wird, was sie erstens mit midi statt mini oder maxi und zweitens mit dem chemischen Element Chlor zu tun haben sollen. Oder waren es Mikrochlorianer? Egal.
Da hat durch die Hintertür der Teufel der materialistischen Verdinglichung doch noch zugeschlagen. Es müssen schon „Dinger“ – Mikroben – sein, die für „The Force“ verantwortlich sind. Und die Komplexität, die Ursache für Leben und überhaupt Alles wird in eine Mikrobe projiziert.
Arme Mikrobe.
In seiner Kolumne auf Spiegel Online hat Sascha Lobo in einem bedenkenswerten großartigen Beitrag zu mehr Mut zu Komplexität aufgerufen. Ich bin Zweckoptimist, und als solcher freue ich mich sehr über solche Beiträge.
Aber welche Wirkung wird solch ein Aufruf wohl haben, heute oder morgen, wenn wir weiter dualistischen Vereinfachungen – und sei es bloß als Unterhaltung – hinterherlaufen. Wenn wir uns weiter mit dualistischen Geschichten beschäftigen?
Woher soll dann das Potential kommen, das Komplexe zu denken?
Dabei gilt:
Dualismus ist laaangweilig …. sooo laaangweilig.
Bevor jetzt einer meckert, ok, ok, Perry Rhodan ist teilweise auch dualistisch. Dieser Dualismus liegt offensichtlich in unserer Natur. (Aber der D. in PR ist eben nicht so krude und zunehmend mit komplexen Elementen.)
In diesem Sinne,
frohes Neues. (Maybe the force ….)
Nick H. aka Joachim Paul
Weitere Links:
Heinz von Foerster über Warren S. McCulloch (englisch)
Gotthard Günther über Warren S. McCulloch (en + dt)
Warren McCulloch in der wikipedia
Biographie von McCulloch beim MIT