Meine Rede zu TOP 1 am Freitag, den 29.01.2016 zum Antrag der CDU-Fraktion: „Investitionen und Unternehmensgründungen in Nordrhein-Westfalen: Subsidiarität stärken, Förderinstrumente verzahnen, Beratungsangebote an tatsächlichen Bedürfnissen der Unternehmen ausrichten!“ – Drucksache 16/8123
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen lieben Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Raum und an den Bildschirmen! Der vorliegende Antrag der Unionsfraktion ist ein verlässlicher Kandidat für die Top 10 der Hitparade „Ist das ein Antrag, oder kann das weg?“
(Zuruf von der CDU: Da haben Sie ja Erfahrung mit!)
Stellen Sie sich bitte einmal folgendes Bild vor: Drei Unionsabgeordnete in Jagdkleidung betreten eine kleine Waldlichtung in der Nähe von Witten auf der Suche nach scheuen Rehen, genannt „Start-ups“. „Da ist eins, da ist eins, und da ist noch eins“, und plötzlich betritt polternd ein gewisser McKinsey die Lichtung, und – schwupps! – sind die Start-ups weg aus Witten und nach Berlin oder nach Köln gegangen.
Sie suchen an der falschen Stelle, wenn Sie Unternehmensgründungen fördern wollen. Die Kolleginnen und Kollegen haben das hier schon en détail gesagt: Sie möchten die Bi-Ba-Bürg-schaftsbank gestärkt sehen. Diese Bank genießt bereits das Privileg, ihre Risiken durch Bund und Land absichern zu können. Zudem ist sie per Gesetz von Körperschaft-, Vermögen- und Gewerbesteuer befreit. Was will eine Bank mehr?
Weiter gehende konkrete Forderungen stellen Sie in dem Antrag nicht. Es bleibt also im Ungefähren.
Der zweite Punkt in Ihrem Beschlussteil: Sie möchten die Instrumente von Bürgschaftsbank und NRW.BANK besser verzahnen. Es wurde hier schon mehrfach von den Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün gesagt: In der Sachverständigenanhörung saßen Vertreter beider Institute und erklärten, dass sie bereits sehr gut miteinander kooperierten. Da hilft auch ein Blick ins Internet, nämlich auf die Internetseite der Bürgschaftsbank: Dort sieht man auf einen Blick, dass es eine selbstverständliche Verzahnung mit den Angeboten der Kreditanstalt für Wiederaufbau des Bundes und der NRW.BANK gibt. Auch diese Forderung geht daher ins Leere.
In Punkt 3 Ihres Beschlussteils heißt es, dass das „vielfältige Förder- und Beratungsangebot für Existenzgründer und für etablierte Unternehmen verschlankt und gleichzeitig besser auf die tatsächlichen Bedürfnisse ausgerichtet wird“. In dem Punkt möchte ich Ihnen mal nicht widersprechen.
Das Problem ist dann aber, dass es, wenn man in eine kreditfinanzierte Unternehmensgründung geht, Sachverständige gibt, die die Chancen dieser Unternehmensgründung bewerten müssen. Speziell bei der Kreativbranche und der digitalen Wirtschaft glaube ich nicht, dass in Deutschland viele Unternehmensberatungen tatsächlich die Kompetenz besitzen, solche Geschäftsgründungspläne zu bewerten.
Ich ziehe auch gar nicht in Zweifel, dass Bürgschaftsbanken eine sinnvolle Ergänzung zu den normalen Banken und den Sparkassen sind. Sie sichern Ausfallrisiken ab, die für Hausbanken zu groß erscheinen.
Wir Piraten unterstützen natürlich ausdrücklich Erneuerung und Weiterentwicklung – oder allgemeiner: das Sich-neu-Erfinden der Wirtschaft im Informationszeitalter. Digitale Start-ups, aber auch die gesamte Kreativbranche und vor allen Dingen Know-how-intensive Dienstleister wie die freien Berufe werden immer wichtiger. Von ihnen hängt mehr denn je der zukünftige Wohlstand unseres Landes ab.
Gerade weil digitale Geschäftsmodelle von Hausbanken schwer einzuschätzen sind und weil die Kreativbranche meist keine großen Sicherheiten wie Sachanlagen bieten kann, wünschen wir Piraten uns auch von der Bürgschaftsbank NRW noch mehr Engagement gerade für die kreativen Köpfe in unserem Land.
(Beifall von den PIRATEN)
Aus Privilegien leiten sich nämlich auch Pflichten ab. Wer sich die Zahlen anschaut und ins Verhältnis setzt, sieht, dass die Bürgschaftsbank nur einen kleinen Promillebereich der Existenzgründer und kleinen Unternehmen in NRW tatsächlich erreicht.
Obwohl die CDU hier einen recht wenig ergiebigen Antrag vorlegt, werden wir Piraten uns enthalten – in der Hoffnung, dass digitale Gründungen und die Kreativbranche in Zukunft besser unterstützt werden. Das ist ein Signal von uns; denn gerade diese Branche hätte es verdient. – Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Duin.