Meine Rede zu TOP 12 am Mittwoch, den 20. April 2016, Gesetz zur Änderung des Lehrerausbildungsgesetzes
Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/9887
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule
und Weiterbildung Drucksache 16/11714 (Neudruck)
Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/11768
Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/11771
Entschließungsantrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/11772
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP
Drucksache 16/11793
2. Lesung – in Verbindung damit
Lehrkräfte für die Potentiale von
Open Educational Resources und den verantwortungsvollen Einsatz von freien Lernmaterialien sensibilisieren
Antrag
der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/10298
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule
und Weiterbildung Drucksache 16/11721
Aus dem Plenarprotokoll: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Gebauer. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Dr. Paul.
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. – Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir hatten bereits in den Ausschussberatungen darauf hingewiesen: Wenn es in dieser Legislaturperiode eine Anhörung gegeben hat, die nachhaltig einen Gesetzentwurf der Landesregierung in der Luft zerrissen hat, dann war das die zum Lehrerausbildungsgesetz.
Wir sehen unsere Kritikpunkte allesamt bestätigt. Das haben wir noch einmal in unserem Entschließungsantrag und in unserem Änderungsantrag ausformuliert. Es war und ist nach unserer Auffassung ein fundamentaler Fehler, zu denken, dass Modularisierung und die Umwidmung des alten Staatsexamenssystems irgendwelche Vorteile bringen.
Eben hat man mir gesagt, ich hätte nicht in die anderen Bundesländer geguckt. Wir machen das jetzt mal. Ich fasse es nicht – ich schaue nach Bayern –: Schaut man sich die Entwicklung dort einmal an, dann stellt man fest, dass Bayern zum Beispiel einen ganz anderen Weg geht. Dort wurde erst gar nicht auf Bachelor/Master umgestellt.
Und Sachsen war zunächst ein Verfechter der vermeintlichen Verbesserungen durch die Bologna-Umstellung und hat dann gesehen, dass es so nicht funktioniert, und hat das System wieder umgestellt. Nach unserer Auffassung sollte das NRW schnellstmöglich auch tun und nicht mit Nebelkerzen werfen, dass sich die Hochschulen darauf nicht einstellen könnten. Die sind nämlich gut. Das können die. Und solange es beim Bachelor/Master-System bleibt – das kommt noch dazu –, brauchen die Studierenden Planungssicherheit. Ergo muss es eine Masterplatzgarantie geben.
Zusätzlich fordern wir, dass die Studierenden im Praxissemester eine angemessene Vergütung bekommen. Wir schlagen vor, sie in der Größenordnung des BAföG-Höchstsatzes anzusiedeln. Denn die Praxisphase braucht die volle Aufmerksamkeit der Studierenden und darf keinesfalls von Ängsten dominiert werden, beispielsweise die eigene Miete nicht mehr bezahlen zu können.
Das Auslaufen der LPO 2003 ist für die Studierenden, die sich noch in dieser befinden, ein ziemlicher Schlag in die Magengrube. Man kann nicht auf der einen Seite von Lehrermangel reden und dann Menschen, die sich in der Ausbildung befinden, in die Exmatrikulation treiben. Das ist nach unserer Auffassung unredlich.
Außerdem ist mir noch die Aussage von Herrn Prof. Hoffmann in der Anhörung im Ohr, der sagte, für die Hochschullehrer sei das überhaupt kein Problem, auch weiterhin nach der alten Prüfungsordnung vorzugehen.
Zum Vorhalten von Seminaren: Dass es den Hochschulen angeblich nicht möglich sei, diese durchzuführen, ist eigentlich ein Ammenmärchen. Man sollte sich da nicht einen schlanken Fuß machen. Am liebsten würden doch die Hochschulleitungen die wenig profitablen Lehramtsstudiengänge ganz einstampfen. Der Änderungsantrag von SPD und Grünen ist wenig hilfreich, weil er die Situation nicht wesentlich verbessert.
Noch etwas zum digitalen Lernen und zu Lernmaterialien unter freier Lizenz: Hier können wir der Landesregierung ein kleines, wenn auch klitzekleines Lob dafür aussprechen, dass bei der Weiterentwicklung der Lehrerausbildung das Lernen mit digitalen Medien endlich berücksichtigt wird – im Grunde eine Selbstverständlichkeit und die Umsetzung eines Beschlusses der Kultusministerkonferenz. Hier wird also ein Anfang gemacht. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen: ein zu kleiner Anfang. Der vorgesehene einzige Unterrichtsbesuch mit dem Schwerpunkt auf dem Einsatz digitaler Medien sei zu wenig.
Wir sehen aber auch, dass nicht alles in der wünschenswerten Breite und Tiefe in der Lehrerausbildung Platz finden kann. Deshalb müssen wir das lebenslange Lernen für Lehrerinnen und Lehrer noch besser unterstützen. Die Lehrerfortbildungen müssen zu einer dritten Phase der Lehrerausbildung weiterentwickelt werden.
In der Sitzung des Schulausschusses in der vergangenen Woche haben wir aus dem Schulministerium erfahren, dass geplant ist, für das Referendariat ein Curriculum für das Lernen mit digitalen Medien zu entwickeln. Dabei soll die Arbeit mit Lernmaterialien unter freier Li-zenz, also Open Educational Resources, berücksichtigt werden.
Diese Materialien bringen bekanntermaßen viele Vorteile. Klippen des veralteten Urheberrechts könnten so umschifft werden. Außerdem haben diese Materialien das Potenzial, die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler maßgeblich zu unterstützen. Und sie sind dazu geeignet, die fachliche Zusammenarbeit von Lehrerinnen und Lehrern auch über Schulgrenzen hinweg anzustoßen. Deshalb begrüßen wir dieses Vorhaben ausdrücklich.
Ergänzend möchten wir noch anregen, auch die Vorteile des Einsatzes von freier und offener Software in der Bildung zu berücksichtigen. Es ist wichtig, in den unterschiedlichen Einrich-tungen, die mit Bildung befasst sind, Alternativen zu den Produkten der großen IT-Oligopolisten aufzuzeigen. Die Systeme vieler gerade US-amerikanischer IT-Riesen sind schon aus Gründen des Datenschutzes für den Einsatz im Kontext Schule nicht geeignet.
Zusammenfassend halten wir fest: Dieser Gesetzentwurf ist nicht abstimmungsfähig. Er ist keine Verbesserung der Situation, sondern überfrachtet die Lehrerausbildung noch mehr. Die Grundsatzfragen, wie wir uns den Lehrerberuf der Zukunft vorstellen, wie wir ihn weiterentwi-ckeln sollten, werden nicht angerissen. Aber das zeichnet die Landesregierung ja aus. Wir lehnen diese Farce ab. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Paul. – Bevor ich der Lan-desregierung das Wort gebe, möchte ich auch die Tochter von Frau Schäffer sehr herzlich begrüßen. Es ist wohl nur folgerichtig, heute beim Thema „Lehrerfortbildungsgesetz“ auch an die nächste Schülergeneration zu denken. Also: Herzlich willkommen im Plenarsaal, und für Ihre Tochter alles Gute,
(Beifall von allen Fraktionen und der Regierungsbank)