Sternstunden des Parlamentarismus – TOP 7 am 11. Mai 2016 –
Hanns-Jörg Rohwedder aka Danebod zerlegt den FDP-Antrag
„Möglichkeiten des Jagdrechts nutzen. Verbreitungsgebiete für Wölfe festlegen“
Drucksache 16/11901
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Rüße. – Für die Piraten spricht jetzt Herr Kollege Rohwedder.
Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Fast 200 Jahre nach der erfolgreichen Ausrottung des Wolfes bei uns besteht jetzt die Möglichkeit, dass dieser größere Predator wieder zurückkehrt. Wir begrüßen das ausdrücklich.
Das Zusammenleben von Menschen und Predatoren war nie problemfrei, weil Predatoren als Konkurrenten um Wild angesehen werden und auch Nutztiere in ihr Beuteschema fallen können. Großraubtiere können sogar Menschen gefährlich werden.
Die lange Zeit ohne Wölfe hat die ehemaligen Erfahrungen verblassen lassen und Unwissenheit und Dämonisierung Vorschub geleistet. Mit dem Wolf zu leben müssen wir erst wieder lernen. Der FDP-Antrag hilft da nichts. Er strotzt vor Unkenntnis und Inkompetenz und ist der reine Kevinismus.
(Beifall von den PIRATEN)
Bevor Wölfe sich wieder fest ansiedeln, also Rudel in festen Revieren bilden, streifen Einzelwölfe oft Hunderte von Kilometern durchs Land auf der Suche nach neuen, geeigneten Revieren. Diesen Zustand haben wir nun endlich in Nordrhein-Westfalen erreicht. Einzelwölfe sind aufgetreten.
Im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen gibt es nur wenige für Rudel geeignete Reviere, die die Wölfe alleine finden werden, ohne dass wir eine Residenzpflicht und No-Go-Areas einführen, in denen die FDP mit roten Käppchen in Feld und Wald den Wolfsabweiser gibt.
(Heiterkeit – Beifall von den PIRATEN)
Das ist nicht artgerecht, noch nicht einmal für die FDP. Das widerspricht auch geltendem Recht und würde zu Strafzahlungen an die EU führen. Die Vernetzung von Lebensräumen im Biotopverbund von der EU ist jetzt seit Jahrzehnten, von der FDP unbemerkt, Standard. Sie dient auch dem genetischen Austausch zwischen Populationen, Tierwanderungen sowie na-türlichen Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozessen.
Der Antrag ist auch deshalb überflüssig, weil es einen Managementplan gibt, bei dessen Erstellung Betroffene – wie Naturschützer, Jäger, Schafhalter und Forstleute – mitwirkten und der, aufbauend auf Erfahrungen in Gegenden mit Wolfsbeständen, vorsorglich etliche Maßnahmen beinhaltet, die diesen Antrag überflüssig machen.
Den Wolf ins Jagdrecht zu übernehmen hieße auch, dass die Jäger eine Hegepflicht bekommen. Wie soll die aussehen? Sollen Wölfe in harten Wintern gefüttert werden – mit der Gefahr, dass sie an den Menschen gewöhnt werden?
Das vorgesehene generelle Abschießen von Wölfen außerhalb der vorgesehenen Verbreitungsgebiete widerspricht Natur- und Tierschutzgesetzgebung. Sie behaupten, die frühzeitige Aufnahme des Wolfes in das nordrhein-westfälische Jagdrecht sei ein klares Signal dafür, dass der Wolf ein Bestandteil unserer Artenvielfalt sei. Warum fordern Sie dann nicht die Komplettaufnahme der gesamten Flora?
(Heiterkeit)
– Nein, Fauna, Entschuldigung. Gefährlicher als Wölfe sind zum Beispiel Zecken, die ansteckende Krankheiten übertragen können. Das ist das gefährlichere Tier im Wald.
(Heiterkeit – Beifall von den PIRATEN)
Wollen Sie die ins Jagdrecht aufnehmen?
(Zuruf: Die kann man nicht so schön vor den Kamin legen! – Heiterkeit)
Nach den Erfahrungen aus Sachsen, wo der Wolf 2012 ins Jagdrecht aufgenommen und das Wolfsmanagement auf die Jägerschaft übertragen wurden, führte das dort nicht zu weniger, sondern zu mehr Bürokratie. Internationale und nationale Gesetze und Konventionen wie das Washingtoner Artenschutzgesetz, die Berner Konvention, die FFH-Richtlinie und das Bundesnaturschutzgesetz schützen den Wolf streng. Die zusätzliche Beachtung eines Landesjagdgesetzes beschäftigt neben Naturschutzbehörden dann zusätzlich weitere Behörden, und nichts ist es mit Entbürokratisierung.
Der Ersatz von durch Wölfe verursachten Schäden ist eine staatliche Aufgabe. Auch Vorbeugung wie verbesserte Einhegungen oder Hilfe bei der Anschaffung von Herdenschutzhunden können darunterfallen.
Wenn die Gesellschaft – repräsentiert durch den Landtag als Gesetzgeber – den Wolf willkommen heißt, dann müssen die Kosten auch von allen getragen werden. Das kann nicht alleine auf dem Rücken der Schäfer geschehen.
Wir wundern uns allerdings, dass die FDP das auch so sieht und erwartungswidrig staatliche und gesetzgeberische Maßnahmen fordert, statt ihren schmerzhaften Rosenkranz von der Hand des Marktes binden zu lassen, der doch sonst ihr Allheilmittel ist.
(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von den PIRATEN: Wow!)
Ich erwarte jedenfalls eine interessante Diskussion im zuständigen Ausschuss. Wir stimmen der Überweisung zu. – Vielen Dank.
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Remmel.