Meine Rede zu TOP 1 am 06. Oktober 2016, Unterrichtung durch die Landesregierung – Wirtschaftsbericht Nordrhein-Westfalen 2016 – Fortschritt durch Innovation – Die Rede hat zwei Teile.
Aus dem Plenarprotokoll: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Dr. Paul.
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank! Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Liebe Start-up-Euphorisierte!
Kurz eine Anmerkung zu Reiner Priggen: Was Sie vorhin gesagt haben, war nicht ganz richtig. Norwegen stellt nämlich serienmäßig Elektrofahrzeuge her. Die Firma heißt Buddy Electric; das ist die einzige norwegische Pkw-Herstellerfirma.
Nachdem bereits einige Analysen zum Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen vorliegen, fühlt sich nun auch unsere Landesregierung berufen, ein 200-seitiges Dokument vorzulegen. Als Hauptgang sind darin enthalten: Zahlen, Grafiken, Tabellen, aufgeschlüsselt nach Regionen oder Wirtschaftsbranchen. Als Vorspeise und Nachgang gibt es dazu noch die bekannten wirtschaftspolitischen Leitlinien der Landesregierung.
Kurzum: Der Geschmack ist ein bisschen schal, denn viel Neues gibt es nicht zu entdecken. Haute Cuisine sieht ohne Frage ganz anders aus. Aber das war ja auch gar nicht gewollt. Unser Wirtschaftsminister wollte hier einen Arbeitsnachweis erbringen. Das hat er getan. Darum geht es hier – und um mehr leider nicht.
Dabei ist die Ausgangslage nicht ohne Brisanz. Kurz vor der nächsten Landtagswahl ist die Wirtschaftspolitik in den Krisenmodus gewechselt. Seit Jahren schafft es NRW nicht mehr, wirtschaftlich den Anschluss zu halten. Das Problem ist dabei nicht nur eine verhagelte Halbjahresprognose, sondern ein langfristiger Negativtrend. Und dieser geht leider einher mit einem erhöhten Armutsrisiko, auch für Kinder, und einer viel zu hohen Arbeitslosenquote in wesentlichen Teilen unseres Bundeslandes. Damit dürfen wir uns nicht zufriedengeben.
Und die Landesregierung? Sie versucht sich an einem merkwürdigen Potpourri aus Aktionismus und Schockstarre. Wenn der Wirtschaftsminister wenige Monate vor der Wahl neue industriepolitische Leitlinien aufstellen will, dann glaubt ihm das doch kein Mensch. Kein Mensch glaubt mehr an einen ernsthaften Politikwechsel. Dabei hatte die Regierung in dieser Legislaturperiode vier Jahre lang Zeit, echte Politik – und damit meine ich auch Strukturpolitik – zu machen. Alle Papier, Konzepte, Thesenpapiere, die jetzt kommen, sind nur noch leere Wahlkampfversprechen und nichts anderes.
Dabei sind die Rahmenbedingungen aktuell gut. Die Konjunktur in Deutschland brummt, die Zinsen liegen auf einem historischen Tiefpunkt. Bestes Beispiel dafür ist das Handwerk. Weil die Menschen Geld ausgeben, steigt die Binnennachfrage, und die Handwerker kommen kaum hinterher, die Aufträge abzuarbeiten. Dieses Gestaltungsfenster müssen wir unbedingt nutzen. Die Probleme, die wir jetzt nicht angehen, werden in Zukunft noch viel schwerer zu lösen sein, wenn das aktuelle Konjunkturhoch nachlässt.
Dafür müsste man allerdings wissen, wo es langgehen soll. Und da dreht sich die Landesregierung im Kreis. Man kommt leider nicht umhin, ihr ein gestörtes Verhältnis zur Industrie zu attestieren. Sie wollen Industrieland sein, dabei ist der Anteil der gewerblichen Wirtschaft in-zwischen unter den Bundesdurchschnitt gesunken. Die Industrie liegt noch immer unter dem Vorkrisenniveau von 2007.
75 % der Menschen arbeiten inzwischen im Dienstleistungsbereich. Nordrhein-Westfalen ist damit nicht mehr das Herzstück der Industrie in Deutschland – ganz egal, ob einem das gefällt oder nicht. Das wollen Sie vielleicht nicht hören, aber es gehört zu einer ehrlichen Analyse, dass man diese Fakten endlich einmal anerkennt.
Ich prophezeie Ihnen: Solange die Wertschätzung und die Anerkennung, die früher den Berg- und Stahlarbeitern gesellschaftlich und politisch zuteilwurde, nicht in gleichem Maße den Kreativen, den Software-Entwicklern, den digitalen Tüftlern von heute entgegengebracht wird, so lange wird der Strukturwandel ein Problem bleiben. Wir müssen endlich umparken im Kopf.
(Beifall von den PIRATEN)
Und das, Herr Minister, schreiben Sie ja selbst in Ihrem Bericht. Die wirtschaftliche Bedeutung der Herstellung materieller Güter nimmt ab. Hochqualifizierte Dienstleistungen werden dagegen vermehrt nachgefragt, zum Beispiel im Gesundheitssektor, im Tourismus, in der Bildung und nicht zuletzt in der Kunst.
Das hat sich auch in der aktuellen Wirtschaftsprognose für unser Land niedergeschlagen. Die Logistik, die vom Internethandel profitiert, sowie freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen, überdies die Informations- und Kommunikationstechnik waren die Umsatztreiber – und das nicht erst seit Neuestem.
In der Medien- und Kreativwirtschaft in Nordrhein-Westfalen arbeiten inzwischen über 550.000 Menschen in rund 65.000 Unternehmen. Das muss man doch mal anerkennen und auch richtig unterstützen.
(Beifall von den PIRATEN)
Demgegenüber versuchen jedoch die Kollegen von CDU und FDP nach wie vor den Eindruck zu vermitteln, das Tariftreue- und Vergabegesetz oder der Umwelt- und Klimaschutz würden unser Land zurückwerfen. Das ist falsch. Das ist so was von grundfalsch! – Herr Priggen hat es vorhin selber eben erwähnt: Pacta sunt servanda ; das gilt weltweit. – Im Gegenteil: Diese Gesetze können unser Land voranbringen; denn in Zeiten von künstlicher Intelligenz, von Algorithmen und Robotik sind ganz andere Stellschrauben wichtig.
Wie müsste dann eine wirtschaftspolitische Kehrtwende aussehen?
Erstens. Seit Jahrzehnten wird in Nordrhein-Westfalen deutlich weniger investiert als im Bundesdurchschnitt. Bisher hat es übrigens keine Landesregierung geschafft, diesen Trend zu brechen. Dabei wäre es höchste Zeit. In aller Deutlichkeit: Die Sparpolitik macht dieses Land krank! Sie tut dem Land nicht gut.
(Beifall von den PIRATEN)
Zweitens. Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben pro Kopf liegen in Nordrhein-Westfalen ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt. Auch hier benötigen wir dringend eine Trend-wende. Die Erforschung und Gestaltung von Zukunftstechnologien muss endlich die Priorität bekommen, die sie verdient.
Drittens. Digitale Revolution, digitale Revolution, digitale Revolution! Die Landesregierung schreibt zum Beispiel in ihrem Bericht, es sei eine Mammutaufgabe, die Bildungseinrichtungen – also Schulen, Hochschulen, Berufskollegs usw. – an das Breitbandnetz anzuschließen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Die Aufgabe scheint doch nur so groß, weil ihr vier Jahre lang nichts gemacht habt. Hättet ihr vom ersten Tag der Legislaturperiode an eine vernünftige Digitalpolitik verfolgt, dann wären die Schulen schon längst angeschlossen.
(Beifall von den PIRATEN)
Das Gleiche gilt für ein flächendeckendes Glasfasernetz. Die Landesregierung wirkt bei der Gestaltung der digitalen Revolution so wie ein mutloser Bergsteiger, der sich am Mount Everest im Basislager rumtreibt, weil er weiß, dass der Weg weiter oben noch steiniger wird. Aber so kommt das Land nicht voran.
Bleiben wir mal bei den Schulen: Jedes Jahr, in dem unsere Forderungen nach einem Pflichtfach Informatik von Ihnen verzögert wird, ist ein verlorenes Jahr. Dabei wissen Sie schon jetzt ganz genau, dass der Informatikunterricht kommen wird, ja unausweichlich sein wird. Ich meine damit nicht das Herumspielen mit Pads und Computern. Man kann guten Informatikunterricht sogar völlig ohne technische Hilfsmittel machen. Es geht um das Verstehen und Begreifen von Zusammenhängen und Prozessen. Schon ein Achtjähriger kann begreifen, dass, wenn er eine Tankstelle an einer Fernstraße konstruiert, es zu einer schlechten Performance führt, wenn er zehn Zapfsäulen, aber nur eine Kasse hat. Das ist auch Informatik.
Das Lehrpersonal ist darauf noch nicht vorbereitet, weil Sie es verschlafen haben, die Internetanschlüsse und die Hardware zu beschaffen. Dadurch zögern Sie es hinaus. Damit schafft die Landesregierung langfristig viel mehr Probleme, die sie dann allerdings auch zu verantworten hat.
Die Alternativen sind doch klar. Wir erzählen in jedem Plenum gerne noch einmal neu, mit welchen Schritten die digitale Revolution als Chance für unser Land und die Menschen genutzt werden kann: flächendeckendes Gigabit-Netz ausbauen, Start-up-Region Nummer eins werden, Pflichtfach Informatik in die Schulen, duale Ausbildung schnell und konsequent auf digitale Inhalte umstellen, E-Government-Offensive voranbringen und last, but not least zur Koordination ein Digitalministerium schaffen, das die digitalen Initiativen koordiniert, usw. usw.
Damit hätten Sie zwar noch nicht den Mount Everest der Digitalisierung erklommen, hätten aber schon den Aufstieg in das erste Höhenlager geschafft. Das wäre mal ein Fortschritt. Die Sherpas von der Piratenfraktion würden sich dann mit Ihnen freuen.
Ich möchte noch etwas zu dem Bericht der Landesregierung sagen. Darin fehlt es nämlich an der einen oder anderen Stelle an der nötigen Sachlichkeit. Beispielsweise auf Seite 118: Dort wird die Entwicklung und Herstellung von DV-Geräten und elektronischen und optischen Erzeugnissen beschrieben. Das ist ohne Frage heute eine sehr wichtige Branche. Der nordrhein-westfälische Anteil an dem bundesweiten Umsatz wird mit 9,7 % angegeben. Da in Nordrhein-Westfalen mehr als 20 % der Menschen Deutschlands leben, heißt das nichts anderes, als dass der Umsatz dieses zukunftsweisenden Sektors 50 % unter dem Bundesdurchschnitt liegt – also weit abgeschlagen.
Wie aber erfolgt die Bewertung in dem Bericht der Landesregierung? Ich zitiere:
„Mit einem Anteil von 9,7 % … liegt Nordrhein-Westfalen im Mittelfeld der Bundesländer.“
Im Mittelfeld der Bundesländer, obwohl wir 50 % unter dem Durchschnitt liegen? Da werden die Statistiken schöngeschrieben ganz nach dem Pippi-Langstrumpf-Prinzip „2 mal 3 macht 4“. Das geht so nicht.
Deutschland mag in punkto Autometaphern sehr verständig sein. Meine Anregung wäre: Bringen Sie die PS, die in der Kreativität und im Gestaltungswillen der Menschen in Nordrhein-Westfalen vorhanden sind, endlich auf die Straße! Das wäre der Garant für Wohlstand und Erfolg im 21. Jahrhundert. Das, was jetzt passiert, kann ich nur als bewusstloses hineinstolpern in die Informationsgesellschaft interpretieren.
Lassen Sie mich auch noch etwas erwähnen, was vielleicht nicht so naheliegend ist und aus einem ganz anderen Punkt resultiert. Wir hatten am Dienstag dieser Woche eine hochspannende und interessante Anhörung im Kulturausschuss zum Kulturförderplan des Landes. Was ist denn Kultur? Wie ist der Zusammenhang mit der Wirtschaft? Heinz Nixdorf hat es damals, als er nach Paderborn gezogen ist, vorgemacht. Er hat nämlich sinngemäß gesagt: Er stellt seine Fabrik nicht irgendwo in die Pampa, denn hochqualifizierte Leute brauchen ein kreatives Umfeld, um sich entfalten zu können. – Kulturförderung ist auch Wirtschaftsförderung. Das sollte hier auch mal deutlich gesagt werden.
Lassen Sie mich noch kurz auf das Ruhrgebiet eingehen. Das Ruhrgebiet ist mit 5,1 Millionen Einwohnern eine der größten Megalopolen auf der Nordhalbkugel. Wenn man die Rheinschiene mit dazuzählt, kommen noch 2 Millionen dazu. Fußballmetaphern sind ja hier im Haus beliebt: Der BVB, Schalke, der VfL Bochum, Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen sind eigentlich, wenn man es genau nimmt, wie Arsenal, Chelsea und Tottenham Stadtteilmannschaften.
(Frank Sundermann [SPD]: Was?)
Aber es fehlt das Bewusstsein, um diese Region mit ihrem Kreativmarkt als Ganzes zu begreifen. Das ist wesentlich mehr, als die Berliner Luft jemals bieten kann. Das müssen wir nach vorne bringen.
(Beifall von den PIRATEN)
Lieber Herr Duin, Sie haben in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses einen Satz gesagt, der mich sehr nachdenklich gemacht hat. Ich fand ihn zu kurz, im Kern ist daran aber etwas Richtiges. Sie haben gesagt: Die Amerikaner haben das Internet, und wir haben die Dinge.
(Minister Garrelt Duin: Heutzutage!)
Es war ein Zitat, aber Sie haben es für sich verwendet, daher darf ich es Ihnen mal in den Mund legen. Wir wissen doch alle, was passiert. Das ist eine Frage nach Risiko- und Investitionskapital, nach meiner Auffassung – ich habe ja ein bisschen was hier im Landtag gelernt – fast ausschließlich. Denn wie sieht es aus, wenn man Dinge mal als Ideen begreift? – Die Sprache des Web kam aus Europa: Sir Tim Berners-Lee. Wissen Sie, was die Amerikaner damals hatten? – Gopher. Das sah aus wie ein schlechter Windows-Dateiexplorer. Nur wer hat nachher das Geld damit verdient? – Wir haben es doch 1996 mitgekriegt: Netscape. 1,50 $ betrug der Ausgabepreis für die Aktie, eine Woche später stand sie bei 125 $. MP3 ist eine Entwicklung von Fraunhofer. Apple verdient jedoch heute Geld damit. Okay, der Codec heißt anders, aber es steckt im Prinzip MP3 drin.
Wir haben hier also die Dinge und die Ideen. Wir müssen aber dafür sorgen, auch richtig zu investieren, damit nachher nicht andere Leute das Geld damit verdienen, sondern damit wenigstens ein Teil – ich habe ja nichts dagegen, wenn die Amerikaner Geld verdienen, Gott bewahre – den Menschen hier im Land zugutekommt.
Denken wir über Industrie 4.0 – diese wunderbare Sprechblase – und die Start-ups mal nach. Start-ups brauchen Klima und Kultur, das hatte ich schon gesagt. Dann müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass hier die Dinge produziert werden. Und ganz wesentlich für die nordrhein-westfälische Produktion ist ja der Anteil des Maschinenbaus, unserer gesunden, kräftigen, superinnovativen Mittelständler. Wenn die Prozessketten zur Herstellung dieser Maschinen auf Industrie 4.0, auf CPS-Systeme umgestellt werden, dann sollte eben nicht der Anbieter der Prozesssoftware hinterher den Reibach einfahren, sondern die Unternehmen selber. Der Gewinn und auch der gesellschaftliche Gewinn müssen bei den Dingen bleiben und nicht ins Internet abwandern. Das sage ich als internetaffiner Mensch. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Paul. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Duin das Wort.
2. Teil, 2. Wortmeldung
Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Bombis. Der Applaus wird nicht auf die Redezeit angerechnet. Trotzdem haben Sie ein bisschen länger geredet, als es wir eigentlich vorgesehen hatten. Aber das soll so sein. – Jetzt hat Herr Dr. Paul für die Piratenfraktion das Wort.
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Wie viel Zeit habe ich noch?
Vizepräsident Oliver Keymis: Die Piratenfraktion hat nicht mehr viel Redezeit. Es sind noch 2:10 Minuten, wie hier zu lesen ist. Bitte schön. Sie haben das Wort, Herr Dr. Paul.
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich würde gerne noch einmal auf drei Dinge eingehen, die in der Debatte angesprochen worden sind.
Zunächst einmal muss ich sagen, Herr Hovenjürgen, dass ich mich ein bisschen geärgert habe. Die CDU, diese Volkspartei, die Bewahrerin des Guten und Schönen, die Partei meiner Eltern:
(Zuruf von Hendrik Wüst [CDU])
Wann kapiert ihr endlich, dass wir in nicht allzu ferner Zeit energie- und umweltmäßig mit dem auskommen müssen, was täglich reinkommt? Das will mir einfach nicht in den Kopf, gerade bei einer solchen konservativen Partei.
Wir haben weltweit aktuell einen Energieverbrauch von 140 Petawattstunden – nicht nur elektrisch, sondern insgesamt. Das ist eine Zahl mit 15 Nullen. Trotzdem ist das nur ein Zehn-tausendstel dessen, was jährlich von der Sonne reinkommt. Das sollten wir doch irgendwann einmal hinkriegen. Es ist die Aufgabe der Politik, genau die Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen für die Zukunft Innovationen entstehen können. Wenn man das Rad immer zurückdrehen will und irgendwelche Klimaverordnungen aussetzen will, weil irgendein Unternehmer entsetzt ist, dann ist das nicht innovationsfördernd.
(Beifall von den PIRATEN)
Zweiter Punkt: Herr Minister, ich habe mich darüber gefreut, dass Sie noch ein bisschen auf die GamesCom eingegangen sind. Dennoch gibt es bei der Digitalbranche durchaus auch einen Trend der Abwanderung nach Berlin. Das dürfen wir nicht vergessen. Da kann ich nur noch einmal sagen: Diese Kreativmenschen sind ja ganz besondere Pflanzen. Sie müssen durch ihr Umfeld gegossen werden. Wir brauchen so etwas wie Szene.
Vielleicht kann man das einmal an zwei Leuten festmachen, und zwar den beiden Jazz-Trompetern Reiner Winterschladen aus Bergisch Gladbach und Till Brönner aus Viersen. Brönner ist nach Berlin gegangen; Winterschladen ist hier hiergeblieben. Ich möchte, dass in Zukunft beide Kreative hierbleiben. Da muss man kulturmäßig noch etwas machen.
Wenn der Herr Präsident mir noch einen Satz erlaubt: Wir brauchen eine Position gegenüber der digitalen Revolution jenseits von Hype und Horror. Wir müssen das rational durchstrukturieren.
Als Beispiel für den Hype eine Anekdote: Ich war letzten Mittwoch auf einer Diskussion des Forschungsinstituts für gesellschaftliche Weiterentwicklung. Dort habe ich einen charmanten, charismatischen jungen Manager aus Gütersloh – das ist sonst nicht so meine Stadt; das wisst ihr – getroffen. Er kam von Miele. Ihm habe ich gesagt: Bevor ich eurem Kühlschrank, der bei mir in der Küche steht, erlaube, im Supermarkt zu bestellen, muss der Kühlschrank auch das Geld verdienen. – In diesem Sinne: Vielen Dank.
Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Jetzt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. – Dabei bleibt es offenbar auch.