Liebe Vordenkerinnen, liebe Vordenker,
die besten Wünsche für das Jahr 2013!
„Informations- und Wissensgesellschaft“, das ist eines der erfolgreichsten Meme der letzten Jahre, das mit Fug und Recht auch Worthülse oder Projektionskörper genannt werden könnte, ebenso erfolgreich wie inhaltsleer. Den beiden sich unmittelbar daraus ergebenden Fragen, welches Wissen?, und bitteschön für welche Gesellschaft denn? – widmete sich bereits André Gorz.
Zum Jahreswechsel gibt’s dazu einen Beitrag von Eberhard von Goldammer, der Zusammenhänge der gesellschaftspolitischen Ideen von André Gorz mit der Polykontexturalitätstheorie von Gotthard Günther darlegt und kommentiert.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Beitrag bereits veröffentlicht wurde in Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaften, Band 58, Heft 4, 2012, S. 161-177.
Ebenso wurde er als Vortrag eingereicht für die Open Mind Konferenz 2012. Dort wurde er jedoch abgelehnt.
Zusammenfassung / Abstract – Link zum Beitrag „Welches Wissen? Welche Gesellschaft?“
Der Titel dieses Beitrags bezieht sich zum einen auf einen Vortrag, den André Gorz im Jahr 2001 bei der Heinrich-Böll-Stiftung (Bonn) gehalten hat [1] und zum anderen auf die Frage, welches Wissenschaftsparadigma für den Wandel der Gesellschaft von einer Arbeitsgesellschaft hin zu einer Tätigkeitsgesellschaft, wie sie André Gorz vorgeschwebt hat, notwendig ist – oder anders gewendet:
Ist ein derartiger Wandel auf der Basis des heutigen Wissenschaftsparadigmas überhaupt möglich – oder nur eine Utopie?
Diese Frage lässt sich nur dann thematisieren, wenn man akzeptiert, dass unser heutiges Wissenschaftsparadigma durch die auf Aristoteles zurückgehende Logik (nebst ihren modernen Varianten) sowie der daraus resultierenden Mathematik dominiert wird und wenn man ferner bereit ist, diese Dominanz grundsätzlich zu hinterfragen ohne die Strenge und Exaktheit, durch die sich Logik und Mathematik nun einmal auszeichnen, aufzukündigen.
Wenn man darüber hinaus auch noch bereit ist, zu akzeptieren, dass Mensch und Technik eine unauflösbare Symbiose bilden [2], — eine Symbiose, die seit dem Beginn der Moderne im 17. Jahrhundert durch die Wissenschaft (dominiert durch die Naturwissenschaft!) erweitert und heute bedauerlicherweise vom Schimmelpilz der Ökonomie befallen wurde, dann kann und muss man sich den Arbeiten des Logikers und Philosophen Gotthard Günther zuwenden und zwar unabhängig davon, ob diese Arbeiten vom Scientific Mainstream heute immer noch – bewusst oder nicht(?) – totgeschwiegen werden.
Es könnte sich nämlich herausstellen, dass Letzteres gerade der Grund für den „ökonomischen Schimmelbefall“ des Mensch/Technik/Wissenschafts-Komplexes darstellt, der heute jede Art wissenschaftlicher Kreativität schon im Keime zu ersticken droht.
Günthers Lebenswerk – die Polykontexturalitätstheorie – stellt eine Erweiterung der uns heute bekannten Logik und Mathematik dar, die sich aus polykontexturaler Sicht als monokontexturale Theorien entpuppen.
[1] André Gorz (2001): Welches Wissen? Welche Gesellschaft?, Vortrag bei der Heinrich-Böll-Stiftung, URL: http://www.wissensgesellschaft.org/themen/orientierung/welchegesellschaft.html
[2] Siehe dazu:
Oswald Spengler, 1931: Der Mensch und die Technik, C.H.Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München
Paul Alsberg, 1922: Das Menschheitsrätsel, Sybillen-Verlag, Dresden
In der Reihe METAPHON gibt’s auch 2013 monatlich immer etwas Neues. Für den Januar bringen wir einen Auszug aus Senora Nada, einem Hörstück mit Tom Täger und Marina Rother.
Viel Spaß,
Ihr vordenker team,
Joachim Paul (Hrsg.)