Meine Rede zu TOP 14 am 16.03.2016, zum Antrag der CDU-Fraktion – „Räume der Stille“ erhalten und ermöglichen – Flagge zeigen gegen religiösen Fundamentalismus – Eintreten für unsere freiheitlich-demokratischen Werte
Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/11432
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Dr. Paul das Wort.
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. – Verehrter Herr Präsident!
Ich muss sagen: Das ist schon sensationell. Dass ich bei einem Beitrag von Frau Freimuth mal klatsche, hätte ich heute nicht erwartet. Aber gut.
(Angela Freimuth [FDP]: Herr Paul, Sie sehen mich auch zutiefst beunruhigt!)
– Nein, das müssen Sie nicht sein.
Zunächst einmal, Herr Dr. Berger, ernsthaft: Ich kann Ihre Sorgen verstehen. Aber im Subtext Ihres Antrags scheint ein Alarmismus durch, der einer souveränen CDU hochschulpolitisch nicht ansteht. Wir haben ja in der Bundesrepublik zurzeit leider viel zu viel mit Alarmismen und Populismen zu tun.
(Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)
Auf der anderen Seite: Waren Sie es nicht, die den Hochschulen die Freiheit schenken wollten? Und jetzt sollen sie das selber nicht geregelt kriegen? Da gibt es ein paar Aufläufe und ein bisschen Verärgerung, und Sie rufen nach dem Staat? Für mich passt das nicht zusammen. Die Hochschule ist autonom. Wir Piraten stehen dahinter. Die bekommen das schon geregelt, vor allen Dingen mit ihren Mitteln.
Ich würde jetzt nicht so weit gehen und wie Frau Freimuth sagen – sie hat es ja deutlich erklärt –: Versammlungsräume für religiöse Gruppen. Sie haben Atheisten und Agnostiker angesprochen. Die gehen zum Meditieren wahrscheinlich eher in die Bibliothek, was auch gut ansteht. Das ist auch richtig so. Da muss das Ministerium nach meiner und nach Auffassung der Pira-ten nichts reglementieren.
(Zuruf von Angela Freimuth [FDP])
Auf der anderen Seite dürfen sich Leute natürlich versammeln.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Aber die dürfen nicht Frauen den Zutritt verwehren!)
Was den von Ihnen im Antrag konkret angesprochenen Salafismus angeht: Ich gehe einmal davon aus, Sie sind über den Unterschied zwischen Salafiyya und Wahhābīya informiert. Ja?
Auf Bundesebene werden gerade – ich weiß, dass es im internationalen diplomatischen Miteinander Zwänge gibt – Waffen nach Saudi-Arabien verkauft. Die Salafisten, die dort aktiv sind, lachen über uns. Meine Auffassung ist: Dieses Lachen muss aufhören. Wir müssen auch an unseren Hochschulen anfangen, offensiv zu werden.
Es gab einmal eine Phase der arabischen Aufklärung. Das hat der arabische Kulturkreis leider ein bisschen vergessen und verdrängt; für ihren Untergang sind ja immer die Kreuzzügler verantwortlich. Dabei war das ein Mongole, Hülegü, der Bruder von Kublai Khan. Der eine hat China erobert, der andere hat Bagdad abgeschlachtet, also das Abbasidenregime. Da gab es diese Aufklärung. Da gab es auch Bildung.
(Daniel Düngel [PIRATEN]: Jetzt gibt es Nachhilfeunterricht!)
– Ja. Unsere Aufgabe wäre es nach meiner Auffassung, die Kommentare, die es dort gegeben hat, aufzuarbeiten und den Menschen aus diesen Ländern, die an unseren Universitäten studieren, zur Verfügung zu stellen.
Ich würde sogar offensiv werden und möchte Frau Ministerin einen Vorschlag machen, wenn es darum geht, wertekonsistente Politik zu betreiben. Waffenverkäufe an Saudi-Arabien sind das sicher nicht. Aber wir könnten damit anfangen, an den Hochschulen einen Wertekanon an Studenten aus dem Ausland zu verteilen. Ein ganz wichtiger Kandidat wäre für mich der Aufsatz von Immanuel Kant über die Aufklärung. Es gibt gute iranische Kommentare dazu. Das wäre mal ein Anfang, um eine Brücke zu schlagen.
(Beifall von den PIRATEN)
Wir können diese Mentalitäten auch verstehen. Wir müssen nur wissen, dass sie anders ticken. Sie kommen in vielen Fällen nicht aus institutionellen Gesellschaften, sondern aus eher stammesorientierten Gesellschaften. Da heißt es dann, wie Khalil Gibran, der große libanesische Maler, Philosoph und Dichter gesagt hat: „Vertrauen ist eine Oase des Herzens, die von der Karawane des Denkens nie erreicht wird.“
Uns stünde es gut an, uns eines alten arabischen Sprichworts zu besinnen, das im Übrigen auch ein amerikanisches Sprichwort ist. Es ist übersetzt worden. Vertraue auf Allah, aber binde dein Kamel fest. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN – Heiterkeit von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Paul. – Das Wort hat Frau Ministerin Schulze.
Dialog zwischen Europa und arabisch-islamischer Welt
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