Raumpatrouille – RaumbredouilleReplica
ein Hörspiel von Täger/Weigoni
Vor einiger Zeit geisterte eine Meldung durch die Presse von einem Tankstellenüberfall irgendwo in den USA auf dem Land. Der Täter, so erzählte später der Tankwart, habe ihn mit einem klingonischen Ritualdolch, einem Daqtagh bedroht.
Wirklich bemerkenswert an der Geschichte ist, dass das Opfer inmitten der Stresssituation des Überfalls die Waffe eindeutig als klingonisch identifizieren konnte.
Das zeigt, wie tief das Literatur- und Filmgenre Science Fiction unsere Welt mittlerweile durchdrungen hat. Star Trek, Star Wars und Star Gate sind als Romangeschichten und bewegte Bilder ein fester Bestandteil unserer Allgemeinkultur geworden.
Dabei gab es für das Genre noch andere Anfänge in der Breitenkultur. Nach der Hochzeit der Science Fiction in den USA, befördert durch Heft-Magazine wie Astounding – Gründung 1930, heute Analog – oder Startling Stories eroberten Perry Rhodan (1961 bis heute) und Ren Dhark (1966 – 1969) das deutsche Literaturuniversum in Form von Heftromanen. Ebenfalls nicht vergessen ist die Fernsehserie Raumpatrouille, deren Fernsehstart in der ARD am 17. September 1966 übrigens nur rund eine Woche nach dem NBC US-Serienstart von Star Trek – Raumschiff Enterprise am 8. September erfolgte.
Gedanklich wurde der Weltraum in Deutschland aus der spießigen Nierentisch-Stehlampen-Romantik der 60er-Jahre heraus erobert. Zu einer Zeit, als Aliens noch „Exoterristen“ hießen, hatte der im Genre übliche „Techspeak“ hierzulande eine deutsche Färbung, in der neben dem üblichen Hyperspace auch „schlafende Energie“ eingesetzt wurde. Gleichwohl hatte man den Boden immer noch unter den Füßen. Der oft ausgesprochene Befehl „Rücksturz zur Erde – Hyperspace plus Schlafende“ des notorisch renitenten Weltretters und Kommandanten Cliff Allister McLane (Dietmar Schönherr) bedeutet ja, dass die Erde immer irgendwie „unten“ ist, denn wohin soll man sonst auch stürzen? Nicht nur das, man verkrümelte sich mit der Raumbasis, verglichen mit den Amerikanern nahezu sensationell, in den „zweiten Weltraum“, auf den Meeresboden. Und für uns heutige ähnelt die horizontale „Astroscheibe“ des Raumkreuzers Orion weit mehr einem überdimensionierten modernen Tablet-PC, ein eklatanter Unterschied zu den vertikal angebrachten Röhren-Monitoren auf der Brücke der Enterprise.
Der überlichtschnelle Funkverkehr wurde über die Relaisstationen Erdaußen EAS 3 und Olaf 1 geregelt, wobei einem gelegentlich auch die Frogs mit ihren mysteriösen „Dreiergruppen“ dazwischenfunken, so dass Olaf 1 nicht antworten kann. Selbst die irisierend-irritierenden Aliens, die sauerstoff-unverträglichen Frogs, waren weitaus „alieniger“ als die uns mittlerweile so familiär-vertrauten (Russen-)Klingonen, Romulaner oder Borg aus Star Trek.
Im Nachkriegsdeutschland bekommt sogar Subversion und Befehlsverweigerung eine Serien-Tradition, die in Kommiss und Bürokratie, verkörpert durch Raummarschall Wamslers Ordonnanz, ihren natürlichen Gegenspieler findet, dessen Komik sich schon im Namen Lt. Spring-Brauner (Thomas Reiner) niederschlägt. Und das alles vor der 68er-Generation! Ideale Bedingungen für den späteren Kultstatus der Fernsehserie.
So darf es nicht wundern, wenn Täger und Weigoni diesen Kultstatus für einen Remix zum Anlaß nehmen, dessen das Ironische ironisierende Aussagekraft eben aus der spielerischen Kombination von Versatzschnipseln entsteht. Prädikat Absolut hörenswert: RaumbredouilleReplica inkl. eines geleakten Geheimdokuments aus den Archiven des GSD, des Galaktischen Sicherheitsdienstes, das uns aus dem Stab von Oberst Villa (Friedrich Joloff) zugespielt wurde.
Viel Spaß,
Nick H.