Meine Rede zu TOP 11 am 10. November 2016 – Hochschulvereinbarung NRW 2021 bringt Planungssicherheit für Hochschulen auf hohem Niveau – Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/13316
Aus dem Plenarprotokoll:
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Piraten spricht jetzt Herr Dr. Paul.
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich habe hier manchmal den Eindruck, dass ich im falschen Film bin und noch Zeichen und Wunder geschehen. Herr Dr. Berger, Sie haben gerade Thüringen als Vergleich herangezogen. Sind Sie Fan von Rot-Rot-Grün?
(Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)
Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen brauchen natürlich Planungssicherheit; das ist klar. Gerade in der Grundfinanzierung ist eine verlässliche Partnerschaft zwischen den Hochschulen und dem Land zu gewährleisten. Folgerichtig hat die Landesregierung gemeinsam mit den Hochschulen eine Verbindlichkeit beschlossen, und zwar durch die hier benannte Hochschulvereinbarung 2021.
So weit, so gut, oder? – Nur halb so gut! Denn wenn man in das Papier schaut, dann stellt man fest: Einige Punkte muss man klar näher beleuchten.
Schon im ersten Satz der Vereinbarung zu den Leistungen des Landes wird nur die halbe Wahrheit kundgetan. Ich zitiere:
„Das Land stellt dem Hochschulbereich einschließlich des Medizinbereichs für die Haushaltsjahre 2017 bis 2021 eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung auf Basis des Jahres 2016 zur Verfügung.“
Verlässlich? Okay. Aber auskömmlich? Das ist doch bei der chronischen Unterfinanzierung, die von Rektoren und Kanzlern immer wieder angesprochen wird, eher eine Mär.
Zusätzlich – das gilt für uns Piraten – lehnen wir die Exzellenzinitiative unter den aktuellen Förderbedingungen strikt ab; denn sie bevorteilt ohnehin nur die drittmittelstarken Hochschulen. Gleichzeitig halten wir das Festhalten an der leistungsorientierten Mittelvergabe für einen Fehler im System; denn wie wir schon seit Jahren fordern und benennen, bekommen nur wenige Hochschulen mehr Mittel, während andere de facto Geld verlieren – trotz vorgebrachter deutlicher Leistungssteigerung.
Der sogenannte Zukunftsfonds sorgt leider dafür, dass die Hochschulen an Lehrstühlen und Fakultäten sparen müssen und/oder sogar, wie im Einzelfall der Informationswissenschaften in Düsseldorf, Studiengänge eingestampft werden. Das kann es doch nicht sein.
Positiv ist aber zu bemerken – ich zitiere –:
„Die Zuschüsse an die Hochschulen werden bis einschließlich 2021 von haushaltswirtschaftlichen Einsparungen, insbesondere von globalen Minderausgaben und Ausgabensperren, ausgenommen.“
Auch die Bemühungen um die Finanzierung von Dauerstellen und die Verpflichtung, solche zu schaffen, sowie die Bemühungen um Diversity, soziale Öffnung der Hochschulen usw. sind sehr zu begrüßen.
Alles in allem ist nach unserer Auffassung die Hochschulvereinbarung ein richtiger Schritt – dieses Mal auch in die richtige Richtung. Aber die Grundkritik an der mangelnden Hochschulfinanzierung bleibt weiterhin im Raum – unabhängig davon, ob die Vereinbarung jetzt abgefeiert wird oder nicht.
Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen als wissenschaftliche Zukunftswerkstätten sind unter Mangelverwaltung, die sich deutlich auf die Qualität von Forschung und Lehre auswirkt. Daran ändert auch der anerkennens- und begrüßenswerterweise jährlich gestiegene Gesamthaushalt nichts.
Dass die Hochschulen trotzdem so gut aufgestellt sind – jetzt kommt der Schlenker, damit nicht wieder gesagt wird, wir würden die Hochschulen schlechtreden –, liegt vor allem an den engagierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Damit meine ich auch die Studierenden, die ich selbstverständlich einschließe. Auch das nichtwissenschaftliche Personal an den Hochschulen leistet unter den aktuellen Bedingungen des Mangels Enormes.
Weil wir solche Jubelanträge in Vorwahlkampfzeiten nicht so schön finden und doch noch einige Kritikpunkte haben, wie Sie gehört haben, empfehle ich meiner Fraktion eine Enthaltung – diesmal aber eine sehr wohlwollende. Wenn wir hier Scored Voting hätten, würde ich sagen: 7,5 von 10 möglichen Punkten. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Schulze.