Gruppendynamisches zum Rosenmontag

Die Piratenpartei hat jetzt eine Gruppe 42.
So wie die SPD einen Seeheimer Kreis und eine Toskana-Fraktion,
die Grünen und Schwarzen eine Pizza-Connection und die Linken ihre Kommunistische Plattform.
Ein Schritt in Richtung 0815-Partei, ausgeführt überwiegend von Altpiraten, die die Sorge um die Partei umtreibt.

Seltsam. Vor allem dann, wenn man die Erklärung der 42 aufmerksam liest.
Da steht nämlich nichts, wirklich rein gar nichts!, was nicht jeder brave Pirat ohne zu Zögern unterschreiben würde.

Ein Satz allerdings gibt zu Denken. Und der findet sich im 2. Absatz:
„Die Erweiterung des piratigen Politikfeldes ist richtig und gut, solange sie umfassend und mit Sachverstand ausgearbeitet ist und sich nicht auf Schlagwörter und unreflektierten Aktionismus beschränkt.“

Das ist eine Aussage, der man einfach zustimmen muss. Man ist als 42er gegen etwas, nämlich gegen alles, was nicht mit Sachverstand ausgearbeitet wurde und was sich nicht auf Schlagwörter und unreflektierten Aktionismus beschränkt. Gleichzeitig besteht der Subtext dieses Satzes aber darin, dass er durch sein bloßes Dort-Stehen suggeriert, dass genau das geschehen ist, d.h. dass Programmteile und/oder Positionspapiere ohne Sachverstand erstellt wurden, dass unreflektierter Aktionismus bestehe, etc.
Darüber hinaus sagt der Satz, wir, die Gruppe 42, sind der Hüter des Sachverstands. Und, wer zum Sachverstand gehören will, ist uns willkommen, unterschreibt.

So gesehen lässt sich die Gründung der Gruppe als innere Abgrenzung von Leuten interpretieren, die es besser machen können oder wollen, jedoch ohne dies genauer zu spezifizieren. Aber man kann das ja schonmal pressewirksam ankündigen, unter unbedingter Hinzuziehung der Printpresse 1.0, die wir ja glauben nicht mehr wirklich zu brauchen.
Der Rest sind Versatzstücke und Umformulierungen aus dem Grundsatzprogramm der Partei.
Eine Ab-sichtserklärung kombiniert mit einer rhetorischen Geste des sich Ab-Grenzens, kann das auch als Kennzeichen eines aufkommenden Piraten-Elitarismus verstanden werden?

Denn sonst bräuchte es diese Geste ja nicht, da die Partei einen reichhaltigen Strauß an strukturellen Möglichkeiten vorsieht für Leute, die sich um Inhaltliches, Thematisches, Projektorientiertes oder Grundsätzliches kümmern wollen. Niemand ist gehindert, eine große AG Kernthemen oder eine AG Markenkernentwicklung zu gründen.

Bei den 42ern ist von Netzpolitik die Rede, dafür gibt es sogar einen eigenen Sprecher.
Und: „Wir sind keine Netzpartei“, sagte der Bundesvorstands-vorsitzende Sebastian Nerz vor einiger Zeit sinngemäß.
Beides ist falsch und beides ist richtig.

Die Tatsache, dass die Gruppe 42 einen netzpolitischen Sprecher hat, zeigt, dass „Netzpolitik“ in der Gruppe ein Inhalt, ein Thema ist.
Es gibt aber mittlerweile sehr viele Piraten, für die Netzpolitik bereits eine Methode, eine Form ist.
Sind die 42 dann schon old school? Piraten 1.0 sozusagen?

Zur Logik des Segelns

Ach, das Logo der 42. Sieht gut aus, ehrlich.
Rechts das „klassische“ Piraten-Rahsegel mit ’nem langen Wimpel drunter, so dass grafisch ’ne 2 draus wird.
Und links, ein Schratsegel, wie eine Stagfock, und so gebläht, dass zusammen mit dem Mast ’ne 4 draus wird. Nur schade, dass für so eine unmögliche Konstellation der Wind gleichzeitig aus entgegengesetzten Richtungen blasen müsste. Und zwar vom Mast aus per Ventilator, sonst geht’s nicht.
Und wo soll’s dann hingehen, Käpt’n?
Absicht?

Und was die Ankündigungen angeht, für die Andi P. sich x-mal entschuldigt hat, lass‘ es einfach, Andi.

Die Gruppe ist laut Erklärung explizit gegen unreflektierten Aktionismus. Was soll der Kickoff dann gewesen sein? Doch kein blinder unreflektierter Aktionismus, oder?

Wahrscheinlich wollten die 42, dass der Platsch beim Steine ins Wasser werfen möglichst groß und möglichst laut ist? Wie auch immer, das haben sie erreicht.

Wie dem auch sei, die Gruppe ist jetzt da und die Piraten werden damit klarkommen.
Der Rest wird sich hoffentlich verlaufen. Hauptsache, Andi und Jens sind zurück im Spiel.
Und der Text der Erklärung ist ja auch wirklich gut. Bis auf, s.o.

Gruppe 42?
Egal, die Partei muss das abkönnen.

Und was soll dieser Beitrag zur Parteiarbeit? Achso! hier?
Egal, die Partei muss das abkönnen.

Nick H.

4 Gedanken zu „Gruppendynamisches zum Rosenmontag

  • 20. Februar 2012 um 20:18 Uhr
    Permalink

    Ahoi Achim aka acepoint,

    da fragst Du ausgerechnet den Richtigen … Ich habe den Urheberrechtsentwurf vom Daniel Neumann korrekturgelesen und war Unterstützer in LqfB. Du hast aber recht. Allerdings sehe ich das eher als ein parteiinternes Weiterbildungsproblem an.
    Und das gilt in noch stärkerem Maße für Wirtschaftspolitik. Da sind weitaus die meisten Piraten Analphabeten – und beliebig verarschbar.
    Da muss sich echt noch was tun, bevor einige von uns in den Bundestag einziehen ….

    LG, Nick H.

  • 20. Februar 2012 um 19:53 Uhr
    Permalink

    Ich frage mich, was bisher dagegen gestanden hat, die vermeintliche Fehlentwicklung mit aktiver Arbeit zu begleiten bzw. Alternativen dazu zu entwickeln und vorzustellen?
    Bisher kenne ich nur den einen Antrag von Andi bzgl. des Urheberrechts vom letzten BPT in Offenbach.
    Seltsamerweise wurde sich nicht für seinen, sondern der von einer anderen (!) Gruppe angenommen. – Wie? Eine andere Gruppe hat sich auch mit einem der Piraten-Urthemen „Urheberrecht“ beschäftigt? Irgendwie passt das nicht zu den Aussagen, dass diese nicht ausreichend behandelt werden, oder?!

    Wie dem auch sei – ich bin sehr gespannt, was wir noch aus der Gruppe 42 für sachlich fundierte und konkret ausgearbeitete Vorschläge zum nächsten BPT in Neumünster sehen werden…

    Glücklicherweise messe ich Menschen an ihren Taten und nicht an deren Worten… 😉

  • 20. Februar 2012 um 19:41 Uhr
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    Das mit den Segeln ist mir auch schon am Samstag aufgefallen ;-).

    Zu den »Schlagwörtern« und dem »unreflektierten Aktionismus«: Es ist wahrscheinlich sehr schwer, in einer solchen Ankündigung über einen Allgemeinplatz hinaus auf bestimmte Geschehnisse oder Motivationen hinzuweisen, ohne Fingerpointing zu betreiben oder echte Gräben aufzureissen. Leider sind aber in der Vergangenheit auch aus meiner Sicht zu viele solcher faux pas passiert, die mich ein wenig haben schaudern lassen.

    Und dass der Text aus Bekanntem und vielen Selbstverständlichkeiten besteht, ist so abwegig nicht. Hinterfrage mal in Deinem piratigen Umfeld Positionen zum Patentrecht, zur kommenden EU-Datenschutzverordnung, zum ePerso, der eGK oder anderen »Kernthemen.« Da kommt oft erschreckend wenig. Beispiel Urheberrecht: Häufig hörst Du dann ein diffuses: »da haben wir doch eine Reform auf dem letzen BPT verabschiedet.«

  • 20. Februar 2012 um 13:24 Uhr
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    Wie ich schon am Samstag im Mumble sagte:
    Die Aktivposten in den Kernthemen-AGs freuen sich, auf eine große Rückkehrerzahl programmatisch Interessierter blicken zu dürfen, die sich fürderhin am Anschlag der Leistungsfähigkeit einzubringen gedenkt.
    In diesem Sinne: Welcome back to Politik 2.0
    Auf baldige Integration hoffend sei der Hinweis gegeben, dass sich Meinungsführerschaft und Deutungshoheit nicht zwangsläufig aus platitüdenartigen, rückwärts gewandten, romantisierenden und gleichsam Stagnation manifestierenden Verlautbarungen in Printmedien ergibt.
    Und wenn das alles wirklich ernst gemeint ist, stellen die Gruppierenden ihr EGO hinter die Inhalte zurück. We will see.

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