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   Eine Lesung von Ernst Meister

MetaPhon mit einer Lesung von Ernst Meister

MP3-Track Lesung Ernst Meister - 28.04.1978 13:29 min
(128 KBps - ca. 12,35 MB)

Ernst Meister gehört zu den bedeutendsten Lyrikern nach dem 2. Weltkrieg. Am 3. September 2011 wäre dieser Dichter 100 Jahre alt geworden.

Ernst Meister wuchs in Hagen-Haspe auf und besuchte dort das Gymnasium. Anschließend begann er auf Drängen seines Vaters das Studium der evangelischen Theologie, wechselte aber bald zur Philosophie und Literatur. Dann kam der 2. Weltkrieg und Meister wurde Soldat. Versuche, das Studium mit der Promotion abzuschließen, scheiterten. Ebenso Meisters Versuche, in der Fabrik seines Vaters einem "normalen" Brotberuf nachzugehen. Meister lebte seit den 1950er Jahren in Hagen als freischaffender Künstler in einfachen Verhältnissen. Inzwischen verheiratet und mehrfacher Familienvater, litt er notorisch unter Geldmangel. Seine Gedichtbände, die in rascher Folge erschienen, waren finanziell wenig einträglich.

Im Zusammenhang mit dem Schmallenberger Dichterstreit spielt Meister eine zentrale Rolle. Das Dichtertreffen im Jahr 1956 bedeutete einen Wendepunkt in der westfälischen Literatur. Damals begehrte eine junge Autorengeneration um Hans Dieter Schwarze und Paul Schallück gegen die seinerzeit gefeierten westfälischen Heimatdichter auf, die vielfach NS-belastet waren. Die Jüngeren forderten den Anschluss an die moderne Dichtung. Es kam zu einem Eklat und jahrelangen Diskussionen über das "Westfälische in der Literatur" und literarisches Heimatbewusstsein. Meister hielt sich aus diesen wütenden Kontroversen heraus, er verkörperte aber mit seinen abstrakten und teilweise hermetischen Gedichten ein neues literarisches Formbewusstsein. Für die jungen Rebellen war Meister so etwas wie eine Gallionsfigur. Man kann also sagen, dass mit Ernst Meister die Moderne Einzug in die westfälische Literatur hielt.

1962 schrieb Walter Jens über Meister in der Zeit: "Es gibt nicht viele Verkannte in unserem Land; aber einige gibt es, und einer von ihnen ist der Lyriker Meister." Solche Statements halfen mit, Meister in der Literaturszene Deutschlands zu etablieren. Es gibt Themen, die sich wie ein roter Faden durch sein Werk ziehen. Hierzu gehört die Auseinandersetzung mit der Existenz an sich. Auch die Beschäftigung mit antiker Mythologie und dem Glauben sind für längere Schaffensperioden charakteristisch. Meisters späte Gedichte umkreisen in immer konzentrierterer Form das Thema Tod. 1979 schrieb ihm der Philosoph E.M. Cioran: "Selten hat sich ein Dichter so weit in den Tod hineingewagt wie Sie. Das ist Ihr Sieg."

Seine Dichtung ist quasi eine intellektuelle Poesie in Form einer meditativen und gedanklich tief schürfenden Lyrik, die nach den Grundformen und Grundbedingungen menschlicher Existenz in der, wie Meister es sah, 'kosmischen Preisgegebenheit' fragt. Gleich funkelnden Kristallen blieben vor allem seine Gedichte die auch heute noch wahrgenommenen Schätze, über die der Lyriker vor Vers-Beginn einmal sagte: "Ein Gedicht ist ein Ereignis, das durch sich selbst in der Direktheit seiner Existenz wirken muss".

Die Lesung, die auf MetaPhon zu hören ist, wurde in einer Reihe präsentiert, die Doris und Hans-Werner Gey ihrer Galerie in den 1970-ern in Hagen veranstalteten. Weiter Informationen zu unserem neuen Kooperationspartner unter: www.lyrikwelt.de 

Matthias Hagedorn

 

MP3-Track Letternmusik 42:12 min
(128 KBps - ca. 40 MB)