1.1. Kurze Zustandsbeschreibung
Mit Beginn der 70–er Jahre des 20. Jahrhunderts hat
sich das Radio–Machen wesentlich verändert. Und damit auch das Hören. Der
Radiohörer leidet seitdem an Magazinitis, häppchenweise werden ihm
Wirklichkeitssegmente angeboten. Die schneller werdenden Beats des Pop
forderten ein immer höheres Tempo. Die meisten Weiterbildungseinrichtungen
glauben dem entsprechen zu müssen, indem sie Angebote machen, die dieser
Handhabung entsprechen. Da wird Moderation geübt, werden
Interviewsituationen trainiert und die Gestaltung eines Berichts mit O–Ton
entwickelt, bis der Teilnehmer solcher Seminare im günstigsten Fall einen
semiprofessionellen Standard erreicht hat.
1.2. Folgerung
Ich bin zu der Ansicht gelangt, dass hinter diesem
journalistischen Maskenspiel selten der Mensch hervorscheint, bestenfalls
Sprachenmaschinen, die auf Betroffenheiten hinweisen. Mit dieser
“Medienkompetenz” wird der Ausgebildete zu einem Teil der Magazinitis.
Deshalb ermuntere ich dazu, Geschichten zu erzählen. Zu erzählen mit dem
natürlichen Charme, der den Seminarteilnehmern angeboren ist. Hier soll
nicht geschönt, vertuscht, verheimlicht werden, hier soll man Fehler
machen dürfen. Wie wird Radio gemacht – wie mache ich Radio? Zuerst geht
es darum, den Menschen die Angst vor dem Mikrophon nehmen, denn ein
Mikrophon ist auch nichts anderes, als Messer und Gabel beim Essen, ein
Werkzeug. In der weiteren Arbeit soll mit den Defiziten offensiv
gearbeitet und dadurch dem Medium die Unschuld zurückgeben werden!
1.3. Handlungsbezogener Ansatz
Wir, die Spätalphabeten, stehen insgesamt vor der
Frage, ob Literatur, dieses Medium der Vorzeit, an der Alphabetisierung
der Medienkultur, die nur wirklich beeinflussen kann, wer ihr voraus ist,
mitwirken oder sich von letzterer abgrenzen kann. Welche Einflusssphären
bleiben der Literatur gegenüber einer Kommunikationslandschaft, die
vielfach entweder zum Selbstzweck gerät oder unausgesprochenen Interessen
dient?
Gibt es Kriterien, die bisher kaum bei einer
Beurteilung mit einbezogen wurden, Fragen wie: Was ist der Sound der Zeit?
Ist es bereits absehbar, das Pop zum bestimmenden Faktor der Cyberkultur
wird, die dabei ist den bürgerlichen Kulturbegriff abzulösen? Wie
funktionieren Trivialmythen?
Keine Religion scheint mehr glaubwürdig zu sein,
die Psychoanalyse ist durchlitten, der realexistierende Sozialismus hat
abgewirtschaftet, die neue Heilslehre lautet: Internet. Töne oder Bilder
addieren zwar Information, aber im selben Masse geht die eigentliche
Botschaft verloren. In einer Wissenstechnologiegesellschaft wird das
Problem der Demokratisierung des Wissens und seiner Vermittlung immer
drängender. Es geht um Übersichtlichkeit, durch welche Suchbegriffe und
spezielle Assoziationen kann Information organisiert werden? Es stehen
tradierte Antworten auf die Fragen von Geist, Identität, Individuum erneut
zur Debatte. Was muss erneut gedacht werden, wie kann gedacht werden?
In der globalen Wissensgesellschaft wird jeder
Teilnehmer am Diskurs ein Unternehmer seiner selbst. Der flexible Mensch
muss fit im Kopf für die Herausforderungen der digitalen Weltgesellschaft
sein, selbstbewusst, kommunikationsfähig und ausgerüstet mit wetterfestem
Orientierungswissen.
Wir stehen vor dem Problem, das Jugendliche einen
Comic, aber keinen literarischen Text mehr lesen können. Die Maschinen,
die sie lernen zu bedienen, wie beispielsweise das Mobile Telefon, incl.
SMS, sind nicht wertfrei. Computer erben selbstverständlich die Werte der
Gesellschaft. Interessant ist bei Chats im Internet die Hybridisierung
zwischen geschriebener und gesprochener Sprache. Schrift hat hier zum
ersten Mal nicht mehr die Funktion zu archivieren, sondern synchron zu
kommunizieren. Das schlägt sich auch sprachlich nieder. Die
Kleinschreibung beschleunigt das Tippen. Man liest Abkürzungen wie *g* für
Grinsen oder *LOL* für loughing out loud, informationskomprimierende
Strukturen wie *dichbeneid* oder *dumiraufdengeistgeh*; das hat sich
historisch aus der Comicsprache entwickelt. Interessant ist, das es hier
zu einer Renaissance des schriftlichen Ausdrucks kommt. Es gibt
verschiedene Register, und diejenigen, die diese verschiedenen Register
ziehen können, sind kommunikativ im Vorteil.
Die Medialisierung des Profanen ist hierzulande
gegenwärtig eine Haupttendenz. Glücklicherweise gibt es daneben mediale
Randgruppen. Am meisten stört, dass kreativ veranlagte Menschen direkt
oder indirekt zu Funktionssklaven der Kommerzmedien verbogen werden, und
viele das anscheinend überhaupt nicht merken. Die Frühromantiker würden
das Geschwätz von Profilneurotikern wohl als "progressive Universalpoesie"
gelten lassen. Obwohl sie geistig etwas vorwegnahmen, das nun strukturell
tatsächlich eintritt, müssten sie dessen Erscheinungsformen ablehnen. Doch
so geht es allen Visionären und Utopisten. Netzwerke sind gute Strukturen,
weil sie Menschen verbinden, die gemeinsame Interessen haben und sich
gegenseitig anregen, ermutigen, helfen und herausfordern. Allerdings sehe
ich zwei Gefahren: Einerseits die weitere
Ausgrenzung all jener, die infolge ihrer sozialen,
ökonomischen und technischen Lebensbedingungen von vorn herein zu keiner
der modernen Netzwerke gehören können, und das wären derzeit mindestens
drei viertel der Weltbevölkerung. Wer auf Müllkippen nach Nahrung sucht,
dem helfen keine Internetdiskurse. Zum andern das forcierte
Auseinanderbrechen sozialer Bindungen und Verantwortlichkeiten vor Ort,
sofern die Globalisierung der Techniken und Medien lediglich die
privilegierten vereint. Wir haben hier also erneut den alten Konflikt
zwischen Freiheit und Gleichheit, kultureller Innovation und sozialer
Gerechtigkeit.
Vernünftige Software wird aber nur dann entwickelt,
wenn wir eine vernünftige Gesellschaft haben. 95 Prozent der derzeit im
Trödelmarkt Internet angebotenen Inhalte sind Schrott. Die anderen fünf
Prozent sind jedoch “Perlen, besonders für die, die wissen, was sie
suchen. Es ist allerdings eine Illusion, zu glauben, die Internet–Nutzung
werde dank der neuen Techniken billiger. Das Internet ist hoch
kommerzialisiert und wird und noch sehr teuer zu stehen kommen. In einer
“Spass–Gesellschaft” verdient man mit Spass auch Geld, z.B. mit dem
Herunterladen von Klingeltönen für das mobile Telefon. Wenn das Angebot an
neuen Inhalten erst da ist, kommt auch die Nachfrage.
Längst lernen die jungen Menschen den Umgang mit
den neuen Medien nicht wegen, sondern trotz der Schule. Der nicht
kritikfähige Konsument muss um so mehr vom wirklichen Leben wissen, je
weniger er sich darüber medial berichten lässt. Wir müssen uns fragen, ob
die Kinder in Zukunft noch gern miteinander sprechen, so richtig von
Angesicht zu Angesicht. Oder ob sie nur noch per e–mail miteinander
klarkommen. Es ist kein Zufall, dass der Urheber des Blutbads am Erfurter
Gutenberg–Gymnasium seine Freizeit im World Wide Web verbracht hat.
Die Botschaft, die das Internet übermittelt,
lautet: Klick! Arbeite nicht, denke nicht, klick einfach auf etwas
Anderes. Durch das Web zu surfen ist eine hervorragende Methode, das
Denken zu vermeiden. Das Internet verwandelt die Kinder in Menschen, die
glauben, dass mit dem Zugang zu Informationen automatisch das Verstehen
der Dinge einhergeht.
Die künftige Pädagogik, will sie den Erkenntnissen
und der gewachsenen Bedeutung des Wissens Rechnung tragen, muss die
Sprachumwelt, also die Kommunikationsbedingungen, gestalten, um Inhalte zu
vermitteln. Dabei muss die Dominanz der Textvermittlung gebrochen werden,
um kreative Verbindungen mit der Grundstruktur menschlicher
Wissensbedürfnisse einzugehen. Dazu zählen Emotionen und Erinnerungen
ebenso wie Bilder, Poesie ebenso wie sprunghafte Assoziation. Auf die
Anforderungen der modernen Medien regiere ich als experimentierender
Analytiker und analytischer Experimentierer. Mir scheint, das sich diese
Form von literaturpädagogischer Arbeit nicht nur mit Erscheinungsformen
und Problemen der Arbeitswelt befasst, sondern sich zukünftigen
Arbeitsfeldern spielerisch annähert. Hörspiel als Spiel, nach meiner
Erfahrung ist das Spielen der Königsweg zum Verständnis der neuen Medien.
Computer, Tonstudios und Software sind keine Werk–, sondern Spielzeuge,
wobei die traditionellen Medien als Navigationshilfen dienen. Das Spielen
mit der Sprache, mit dem Hören und nicht zuletzt mit der zur Verfügung
stehenden Technik. Das Spielen von den Vokalen, Silben und Sätzen. Das
Spielen mit dem Hören, dem Hörspiel als Spiel.
1.4. Literaturpädagogischer Ansatz
Im 21. Jahrhundert verliert Bürgerliche Bildung an
Wert. Eine Informationstechnologie–Ausbildung ist ebenso wichtig wie eine
Schlüsselqualifikationen in Ökonomie. Die Wirtschaft erwartet
wirklichkeitstüchtige Problemlöser. Experten arbeiten an einem Konzept für
die Schulbildung der Wissensgesellschaft. In vielen Aspekten haben sich
die Bildungspolitiker mit ihrer “Schulen ans Netz"–Euphorie und der
Faszination der Kids gegenüber den Chancen der neuen Medien verschätzt:
Für jeden Euro, der in Schulcomputer investiert
wird, kommen 34 Cent pro Jahr an Folgekosten dazu (Wartung, Reparatur,
Software, Fortbildung, Netzkosten).
-
Die Mehrzahl der Lernprogramme ist pädagogisch
ungeeignet, trivial, motivationstötend oder oberflächlich, zudem meist
zu teuer.
-
Surfen im Internet ist bedeutsamer, als eigens
erstellte Lernprogramme zu nutzen.
-
Mehr Lehrer als vermutet wollen sich am Computer
fortbilden lassen.
-
Das Computerlernen begünstigt einen
Informationsgewinn, aber nicht mehr Wissen.
-
Einige gute Schüler sind in allen Fächern gut, nur
nicht beim Lernen am Computer, Stichwort “Computerlegasthenie" und
“Computerasthenie"
-
Computer eröffnen eine neue Dimension für Streiche
und Sabotagen, was erfordert, dass der Informatiklehrer zugleich ein
guter Verhaltensgestörten–Pädagoge ist.
-
Computerlernen passt nicht zu
45–Minuten–Unterrichtstakten, sondern erfordert flexible Lernphasen und
offenen Unterricht, zudem eine grössere Relevanz des Selbstlernens, des
Voneinander–Lernens in Kleingruppen, der offenen Lernwerkstatt mit
Wochenplanarbeit und den jahrgangsübergreifenden Lerngemeinschaften.
-
Effektives Lernen am Computer erfordert die
Einbettung des Unterrichts in Bewegungs–, Entlastungs– und
Vertiefungsphasen sowie einen Lernberater, der viel Zeit in
Elternarbeit, Gesundheitserziehung, eigener Budgetierung des Netzwerks
und Sponsoring investieren kann, das lernen wir gerade in Deutschland.
1.5. Aus der Belehrungskultur eine Lernkultur machen
Aus diesen Vorüberlegungen folgt ein
praxisbezogenes, produktorientiertes Arbeiten, bei dem die Teilnehmer in
alle Bereiche mit einbezogen sind. Eine Befähigung zur Teilhabe, die
Menschen lehren, wie sie sich in der Welt zurechtkommen, in der sie leben
und nicht in der Welt, die sie sich wünschen. Bisher sollten Leute von
gestern die Menschen für morgen unterrichten…
Die modernen Kommunikationsmittel führen zu einer
Theatralisierung und Fiktionalisierung der Kontakte, das Spiel mit
Facetten nimmt zu, während die Verbindlichkeiten der Äusserungen
nachlassen. Verständigung ist jedoch heutigentags wichtiger als Belehrung.
Mit dem Einsatz von Computer und Internet in der Weiterbildung ändern sich
die Rollen der Vermittlung. Der Zweck ist nicht der Unterricht, sondern
die Weiterbildung. Die Schule muss lernen, auf Neugier und Bedürfnisse der
Schüler einzugehen. Der Lehrer ist nicht mehr wie früher der alleinige
Besitzer des Wissens. Seine Rolle verändert sich zu einem Kommunikator,
der Orientierung geben muss, aber nicht notwendigerweise mehr weiss als
seine Schüler. Die Schüler wollen reden über das, was sie mit den
Maschinen, mit den Schnittplätzen, im Internet entdecken. Sie suchen
Orientierung und Wertmassstäbe. Dennoch kann man den Menschen nicht durch
die Maschine ersetzen.
Abrufen, abspeichern, bearbeiten. Ein Werkzeug ist
immer nur so gut wie der, der es benutzt. Fortbildungen leiden an der
Fokussierung auf die Technik. Die meisten Menschen wissen nachher, welche
Tasten sie drücken müssen, aber nicht, wozu. Sicher ist es nötig, dass man
Recherchekniffe fürs Internet kennt. Spannend wird es erst, wenn es um die
pädagogische Umsetzung und die alten Fragen geht:
-
Wie finde ich, was ich suche?
-
Woran erkenne ich, ob eine Quelle glaubwürdig ist?
-
Welchen Informationswert haben Bilder im Vergleich
zum Text?
-
Worauf kommt es bei einer Nachricht an?
-
Wie soll Lernen und Lehren in Teamarbeit
funktionieren?
-
Soll ich dafür eine Homepage anfertigen oder ein
Email–Projekt initiieren?
-
Welche Antwort entsteht bei der Frage: Wie entsteht
Verantwortung?
-
Welche Zusammenarbeit geht über eine übliche
Content–Partnerschaft hinaus?
-
Wie für das Leben lernen, wenn das Leben zur Schule
wird?
Das Probleme–lösen, nicht die Problemlösungen
lehren. Die Stoffe müssen selber erarbeitet werden, problemorientierte
Kenntnisse kann man nicht dozieren. Wissen ist immer das Wissen von
gestern. Können ist die Fähigkeit, Probleme von morgen zu lösen? Diese
Annahme gehört bestimmt zu einem breiten Allgemeinwissen. Bildungsgut wird
sie, wenn man es irgendwann als repräsentativ für eine Epoche oder
wichtigen Teil einer ästhetischen und inhaltlichen Neuerung einordnen
kann. Man muss Wissen und Information in einen geordneten, logischen,
möglicherweise auch anderen überzeugenden Zusammenhang stellen können,
vorausschauendes Denken lernen, in Varianten rechnen, verschiedene
Möglichkeiten und Wege abwägen. Genau so kommt man auch im Leben weiter:
Es geht nicht darum, die Antwort auf jede Frage parat zu haben, es geht um
den Weg, der dorthin führt. Wir stehen vor einem Abenteuer: Werden wir ein
Volk der Denker und Lerner oder eines der Macher und Planer oder eines der
Sprecher und Schreiber?
Begreifen lassen, ohne erklären zu wollen, mein
literaturpädagogischer Ansatz ist ein sehr einfacher, der sich in einem
Satz zusammenfassen lässt: Wir bringe ich Menschen auf ihre eigenen Ideen?
2. Beschreibung der Problematik
2.1. Medienvielfalt, Segen und Fluch
Keine Nostalgie. Konnte man sich in einer Zeit von
drei Fernsehprogrammen, einer überschaubaren Anzahl von Zeitungen und je
einem landesweiten Radiosender in der Welt zurechtfinden, so scheint die
Zahl der Angebote heute unüberschaubar. Neben den traditionellen Medien
etablieren sich sogenannte “Neue”, wie das Werkzeug Computer als
Schnittstelle zum Internet. Dieses Medium ist wie keines der bisherigen
Medien, weil es alle in sich vereint: Briefpost, Buch, Presse, Telephon
und Fax, Foto, Film, Tonträger, Funk und Fernsehen. Es vereinte sie und
geht über sie hinaus.
Das pralle Angebot der Medien führt aber nicht zu
mehr Information. Im Gegenteil: Wir leben in einem Zeitalter der totalen
Kommunikation bei zunehmender Sprachlosigkeit. Der Mensch lebt aber nicht
durch die Errungenschaften der Technik sondern durch die Erfahrungen der
Seele.
Die Last der deutschen Kommunikationsvergangenheit
macht die Aufgabe einmalig schwierig. Deutschland das Land, in dem moderne
Massenkommunikation als erstes perfektioniert wurde: im Volksempfänger und
in den Filmen von Leni Riefenstahl. Während Amerikaner Spielfilme noch für
puren Eskapismus hielten, wussten Deutsche schon, dass
Massenkommunikationsmittel Waffen sein können. Entsprechend benutzten sie
diese. “Die Amerikaner haben unser Unterbewusstsein kolonisiert", lautet
ein Satz des Regisseurs Wim Wenders. Die deutsche Reputation für dunkle
Manipulation der Massenmedien wirkt noch nach.
Das pralle Angebot der neuen Medien richtet sich
vorzugsweise an junge Menschen. Diese jungen Heranwachsenden sind einer
zeittypischen Droge verfallen, dem Rausch der Geschwindigkeit. Sie finden
sich in dem Labyrinth der Angebote zurecht, aber nicht mehr heraus.
Ich gebe ihnen einen Leitfaden, damit sie sich
selbstbestimmt zurechtfinden.
2.2. Zugangsvorausetzungen zu einem Massenmedium,
Beispiel NW
Im Landesrundfunkgesetz des Landes NW heisst es im
§ 24, Absatz 4:
“Jede Veranstaltergemeinschaft muss in ihr Programm
nach Massgabe des Programmschemas mit bis zu 15 vom Hundert der Sendezeit,
höchstens jedoch zwei Stunden täglich, Programmbeiträge, insbesondere mit
kultureller Zielsetzung, einbeziehen.”
Bei dem lokalen Radiosender Antenne Düsseldorf z.B.
sind diese Zeiten auf den Zeitraum 19.05 – 21.00 (unterbrochen durch
Werbung und Nachrichten des Mantelprogrammbetreibers) im Programmschema
festgelegt. Zu dieser Zeit werden ca. 10.000 Menschen erreicht. Für andere
Verbreitungsgebiete in NW dürften ähnliche Zahlen und Sendezeiten gelten.
Auch in anderen Bundesländern gibt es Zugang für
Bürgergruppen zum Massenmedium Radio.
2.3. Vermittlung von wichtigen medientheoretischen
Ansätzen
Von der “Radiotheorie” Brechts über Benjamins
“Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit” bis hin zu
Enzensbergers “Baukasten zu einer Theorie der neuen Medien” sollen
Medientheorien kritisch beleuchtet und auf ihre Anwendbarkeit kritisch
hinterfragt werden.
2.4. “Keine Ahnung von der Technik, von der isch nix
verstonn...”
Mikrofon, Mischpult, Aufnahmegerät sind
Hilfsmittel, nicht mehr und auch nicht weniger. Schwer zu lernen ist das
nur, wenn man es sich schwer macht. Die moderne Aufnahmetechnik zu lernen
ist nicht schwieriger, als einen Cassettenrecorder zu bedienen, um eine
Aufnahme zu übersteuern, muss man schon viel falsch machen. Wie man diese
Fehler vermeidet lernt man unter dieser Rubrik.
2.5. Zur Sprache kommen – über das Artikulieren im
Medium Radio
Knallige Konsonanten und hechelnder Atem, ein gutes
Mikrofon überträgt alles, doch man kann es überlisten. Dazu ein paar
praxisnahe Beispiele, wie man diese Schwierigkeiten schon vorab im
Manuskript umgehen kann.
3. Wer nicht hören will... Produktorientierte
medienpädagogische Arbeit
3.1. Einführung: ein akustischer Spaziergang durch
die Hörspielgeschichte mit Hörbeispielen
Die Geburtsstunde des Hörspiels begründeten
Radiosendungen, die in den 20–er Jahren des 20. Jahrhunderts “Theater im
Funk” zu bestimmten Sendezeiten ausgestrahlten. Das Tonbandgerät war noch
nicht erfunden, die Aufnahmetechniken liessen zunächst nur einfache
Produktionen auf Schallfolien zu, und der Hörspieltext als solcher
existierte noch nicht. Der Regisseur griff auf literarische Werke wie etwa
ein Prosastück zurück, liess die Handlung von einem allwissenden Erzähler
vortragen und gab dem Ganzen einen Anschein von Leben, indem er einzelne
Figuren agieren liess und sie mit heute naiv wirkenden Geräuschen
unterlegte.
Das erste Hörspiel (»Danger» von Richard Hughes)
wurde 1924 von der BBC ausgestrahlt. Es spielt in einem Bergwerk und war
im Grunde nichts anderes als Theater für Blinde. Die Atmosphäre eines
Bergwerkstollens wurde dadurch zu erwecken versucht, indem der Regisseur
schlechterdings das Licht ausschaltete und die handelnden Personen im
wahrsten Sinne des Wortes im Stollen verschütt gehen liess.
3.2. Hörspiele unter künstlerischem Aspekt
Während in der klassischen Darstellung eines
Hörspiels die Handlung von einem allwissenden Erzähler beschrieben und von
agierenden Personen mit musikalischer und lautlicher Unterstützung
aufgeführt wird, entwickelt sich in der modernen Darstellung die Dramatik
der Handlung aus einem Dialog, unter Beibehaltung der Komponenten Geräusch
und Musik.
Eine Revolution in der Hörspielgeschichte stellte
die Idee des Filmemachers Walter Ruttmann Ende der 20–er Jahre des 20.
Jahrhunderts dar, der die Technik der Montage von Filmbildern auf das
Hörspiel übertrug. Schnitt und Beschleunigung wurden wesentliche Merkmale
dieser Gattung. Hatte man bei der klassischen Produktionsweise
Cassettenaufnahmen das Buch zum Hörspiel gleich selbst lesen, so erweitert
sich nun der Handlungsspielraum, indem der Hörer, gleichwie im Film, mit
der handelnden Figur durch den Schnitt von einer Ebene in eine andere
transportiert wird: Beispielsweise ist dadurch ein Flug von Paris nach New
York, der in drei Minuten dargestellt wird, für den Hörer nachvollziehbar,
obwohl die Flugdauer in der Realität acht Stunden beträgt.
Das Hörspiel »Weekend« ist die Ursonate des
geschnittenen Hörspiels vor, welche im eigentlichen Sinne keine
literarische Handlung enthält. Es bedeutet zugleich den Beginn der Kunst
im Hörspiel der Regisseur vertraut allein auf die Ergänzungsleistung des
Hörers, während er in Schnittfolgen mit Sprache, Musik, Tönen im
allgemeinen und Literatur ein Wochenende in Berlin Anfang der 30er Jahre
spielerisch komprimiert.
Als das Hörspiel der Hörspiele ging jedoch in die
Geschichte die Funkproduktion des Stückes »War of the worlds« von Orson
Welles nach einer Geschichte von H. G. Wells ein, die 1938 vom Mercury
Theater on the Air uraufgeführt wurde. In einer Radiosendung versetzte
Regisseur Orson Welles die amerikanische Nation mit seiner Mitteilung, auf
der Erde seien Marsmenschen gelandet, derartig in Angst und Schrecken,
dass es trotz aller Verlautbarungen, es handele sich hier nur um ein
Hörspiel, zu panikartigen Reaktionen kam.
3.3. Das O–Ton (Originalton) Hörspiel
Repräsentativ für die Arbeit mit authentischen
Sprechszenen steht Ferdinand Kriwets »Radioball«. Auf einer
Tonbandmaschine nahm er fünfzehn Sendungen “Sport und Musik” auf, kopierte
nach genauen Studien seines Materials für die Sportart Fussball typische
und markante Stellen auf eine andere Maschine um, um sie anschliessend
nach bestimmten Kriterien zu ordnen. Aus diesem Fundus erstellte er sodann
sein O–Ton Hörspiel, ohne selbst dabei das Wort zu ergreifen.
3.4. Der Moderne Funkmonolog
Ein akustisches Beispiel ganz anderer Art ist
Theodor Weissenborns Funkmonolog »Der Sündenhund«. In 45 Minuten
Spieldauer kann Sprecherin Katharina Talbach dem Hörer plausibel erklären,
dass sie der siebenjährige Peter Küpper sei, der vom Vater misshandelt
wurde und nun sein Leben als Zombie fristet.
3.5. Das Kriminalhörspiel
Zunächst eine Bemerkung zur Statistik: Nach
errechneter Einschaltquote im WDR-Sendegebiet erfreut sich der Krimi unter
den Hörspielgattungen grösster Beliebtheit. Danach hören rund 130.000
Rundfunkteilnehmer Kriminalhörspiele pro Woche.
Zum Aufbau: Der typische Krimi beginnt bereits mit
einem Mord, aus dem sich Opfer und Tathergang ergeben. Zur Darstellung des
Tathergangs bewährten sich im Hörfunk besonders Methoden, wie das
Erschiessen, Erwürgen oder Röcheln nach einer Vergiftung. Im folgenden
gilt es möglichst geschickt Hase und Igel mit dem Hörer zu spielen um am
Schluss eine Überraschung zu präsentieren.
3.6. Das Humorvolle Hörspiel
Repräsentativ für den schwarzen britischen Humor
steht das von der BBC für das Kinderprogramm produzierte Hörspiel »Per
Anhalter durch die Galaxis« von Douglas Adams, das des weiteren auch als
Buch und Film erhältlich ist. Die Story beginnt da, wo alle Sience–Fiction–Stoffe
sonst aufhören, mit der Zerstörung der Erde.
3.7. Pop goes Hörspiel
Mit diesem Slogan wurde eine neue Art des Hörspiels
eingeleitet, das vor allem einen breiteren und jüngeren Publikumskreis –
im Alter zwischen 15 und 35 Jahren – zu erschliessen sucht. Vor allem die
Mitwirkung von Pop – und Rockgruppen am Hörspiel verspricht, dass auch
Rezipienten angesprochen werden, die normalerweise nicht mit Literatur zu
erreichen sind.
Als Beispiel und Modell, aus dem sich alle anderen
Hörspiele aus diesem Bereich ableiten, dient die »Die Hamletmaschine«,
welche nach einem Theaterstück von Heiner Müller 1990 gemeinsam von
Regisseur Joachim Rindfleisch und der Gruppe 'Einstürzende Neubauten'
produziert wurde. Es ist als CD erhältlich und wird unter einem Label
vertrieben, das normalerweise nur Punkgruppen verkauft.
4. Kurzhörspiele
Im Verlauf des Seminars sollen die Teilnehmer
lernen, wie man ein Kurzhörspiel erstellt, eine kurze Geschichte erzählt,
ohne das dabei ein Erzähler gebraucht wird, sich die Spannung rein
dialogisch und vor allem akustisch aufbaut. Ein Schwerpunkt des Kurses
liegt auf akustischen Erkundungen:
Wo und in welcher Atmosphäre lässt sich was
realisieren? Wie schaffe ich es, ein Kurzhörspiel möglichst lebendig
wirken zu lassen?
5. Eine Kurzhörspiel–Fortsetzungsgeschichte
Im fortschreitenden Konkurrenzkampf der
öffentlich/rechtlichen mit den kommerziellen Rundfunkanbietern glauben die
ersteren den “veränderten Hörgewohnheiten” dadurch entgegen kommen zu
müssen, das sie Beiträge anbieten, deren Würze in der Kürze liegt. Das
Seminar »SpannungsBogen« soll dem insofern Rechnung tragen, dass mit der
kurzen Form gespielt wird. Doch gerade hier wird eine Geschichte erzählt,
die spannend ist und die Zuhörer fesselt!
In dem Seminar »SpannungsBogen« arbeiten 12
Jugendliche zusammen an einer Kriminal–Fortsetzungsgeschichte für Kinder.
Jeder ist für seine Kurzhörspiel–Folge verantwortlich. Die maximale Länge
jeder Folge beträgt 4.30 Minuten. Alle Teilnehmer sind für die
Gesamthandlung verantwortlich, die gemeinsam diskutiert und geplant wird.
6. Geschichten erzählen
“Sei fleissig, bleibt unter zwodreissig!” lautet
eines der wenigen ironischen Statements auf der Kommerzradio–Szene, der
Rest wären dieser Logik zufolge: “Fakten, Fakten, Fakten”.
Das sich diese Behauptung auch durch wiederholtes
Betonen nicht einlöst, liegt daran, das, wenn man sich nach 15 Sekunden
langweiligem, emotionslosen Gewäsch auch 2.30 Minuten elendlich lang sein
können. Ich bin in der literaturpädagogischen Praxis zu der Ansicht
gelangt, dass Geschichten so lang und so lang interessant sind, wie sie –
möglichst spannend – erzählt werden.
Wie stellt man das an?
Jemanden für sich einzunehmen, sein Gegenüber zu
bezaubern, kurz Beachtung zu finden ist eine urmenschliche Eigenschaft.
Von der Klatschgeschichte über ein dialogisches Beziehungsschachspiel bis
hin zum skurrilen Bericht einer Hinrichtungshostess, die dem jeweiligen
Delinquenten ein Stück Schokolade oder seine letzte Zigarette vor der
Hinrichtung überreicht.
Kurzum, es gibt keine langweiligen Geschichten.
Jede Geschichte ist so spannend und bleibt solange spannend, wie sie
erzählt wird.
7. Das Erlernen von dramaturgischen Fähigkeiten an
einem längeren Hörspiel.
Ausgangspunkt ist ein grösserer Stoff, der für das
Medium bearbeitet wird. Die Rollen der Sprecher und Sprecherinnen
übernehmen die Schüler im Sinne einer ganzheitlichen Medien-erziehung
gemeinsam. In der Aus-einandersetzung mit den Schüler-innen und Schülern,
wird der Text danach abgeklopft, ob er mit Hilfe der Teilnehmer die
Zielgruppe erreichen kann. Die Schülerinnen und Schüler lernen und
über-nehmen im Lauf des Kurses Arbeitsbereiche wie Technik, Dramaturgie,
oder Dialogführung. Ein Beispiel hierfür ist die literatur-pädagogische
Produktion »Reality Radio«.
Die im folgenden als mp3-Files präsentierten Kurzhörspiele finden sich auch auf der CD »Ohryeure«.
Hörbeispiel
1, 2.37 min, 2,46MByte, Bericht mit O-Ton, A.J. Weigoni
Hörbeispiel
2, 1.01 min, 0,96 MByte, Im Angebot, Franz Halmackenreuther
Hörbeispiel
3, 0.42 min, 0,65 MByte, Das geht mit auf den Senkel, Böseke, Jahn,
Ollmann, Weigoni
Hörbeispiel
4, 3.05 min, 2,95 MByte, Entspannen Sie sich! Mario Giordano
Hörbeispiel
5, 0.48 min, 0,76 Mbyte, Radetz-ky, Ferdi Padchulke & die getürkten
Untakreiner
Hörbeispiel 6, 22.08 min, 39 MByte,
Sportsfreunde
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