Nachdenker im Vordenker :-)
von Wilhelm Schäfers-Rüden

1. Galleria spettacolorosa 2. Die Pyramide des Pyromanen...

Michel Montaigne sagt, daß das Glück nicht vom Widerschein im Mitmenschen abhängt. Aber wie der Magen, so braucht auch der Geist Ballaststoffe zur Verdauung von hochprozentigen Traktaten oder Schicksalsschlägen ...

"In dieser Luft ist alles möglich!"

Die Liebe ist ein Zeitvertreib.

Man braucht dazu den Unterleib.

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Welch' ein Etikettenschwindel,

Auch Engel brauchen ihre Windel!

~

Mit des Geschickes Mächten

Ist kein ew'ger Bund zu flechten!

~

 

... Regenbogenpresse, Klatschspalten, Pornographie können manchmal nützliche Begleiter sein. - Warum verreisen, wenn die Welt sich dreht?

 

In jedem Kopf die Welt sich anders spiegelt. (Goethe)

~

Die Pyramide der Rangordnung der Künste:

ganz oben große Opern,

noch überragt vom

Klassischen Ballett,

etwas tiefer bildende

und darstellende Künste ...

"Zeigt auch mir ein Muttermal!

Wo es ist, ist ganz egal!"

 

Wußten Sie schon, daß der Silberstreif am Horizont nichts mit dem horizontalen Gewerbe zu tun hat?


2. Die Pyramide des Pyromanen oder die Welt als
Wilhelm und Vorstellung ...

 

Ohne Titel - Aquarell


Bemerkungen zur Philosophie von

von Wilhelm Schäfers-Rüden

 

In der Sokratischen Höhle (Welt) ist das Fehlen des bunten Sehens draußen (Himmel) nicht ganz so tragisch. Ein nicht gebrauchter oder reduzierter Sinn macht die anderen Sinne stärker. Zum Beispiel: wenig Sehen = viel Tasten! -

Meister Eckardt verschloß seine Sinne zugunsten der Er- kenntnis. Fünf sinnige Silberlinge für eine goldene Erkenntnis! Auch die berühmten drei Affen (oder waren es vier?) verdienten guten Mehrwert.

Die leeren Augen der von Modigliani Portraitierten könnten eine Andeutung dieser Innenschau sein. Aber war Modigliani blind? Oder gibt es Blind-

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heit in diesem Sinne?

Wittgenstein hätte hier natürlich getreu seiner These: Worüber ich nichts weiß, darüber kann ich keine Aussage machen, geschwie- gen. Da biete ich nun gerne höher und meine, daß es, so gesehen, ein Nicht- Sehen gar nicht gibt.

Von manchen Zeitgenossen werden meine Bilder "schief

 

angesehen". Wenn der Beobachter des Beobachters kurz nach dem Betrach- ten dessen Platz einnimmt, kann er einen Hauch seiner Sichtweise des Bildes erhaschen: den Mehltau des bösen Blicks, der sich in der guten Form verfangen hat. Noch deutlicher lassen sich solche Sächelchen beim Blick über die Schulter des Kunst- feindes lupen- sauber sichten.

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Für den Kurzsich- tigen sind die häßlichen Frauen von weitem schön - wie auch Leibniz weiß. Wenn der vorstel- lenden Imagination eines Auges mit gekrümmter Hornhaut sich ein Objekt seiner Begierde nähert, kann die Schöne von weitem häßlich sein und sich erst im Nähern als Hübsche offenbaren.
Es gibt eben eine Ebene subjektiven

 

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Welthabens, auf der ein wenig zerknülltes Packpapier, gefüllt mit der haptischen Idee des Sonnen- blinzelns, zum kubi- schen Holzkopf wird.

Baruch de Spinoza wurde erst be- rühmt-berüchtigt durch die Gegen- darstellungen seiner sich ereifernden Gegner. Hätten sie ihn totschweigen können ohne das Spektakel, das sie wegen seiner kleinen Erstlings-

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schrift veranstal- teten? Wohl kaum. Seine gleichnishafte Klarheit und spekta- kuläre Gottesnähe bezog der Skeptiker nicht zuletzt aus seinem Handwerk: dem Schliff von optischen Linsen.

Die Frage, ob Multi- oder Universum da sind, stellt sich so nicht, da im Wesentlichen das Viele ebenso hier schon auf unserer einen Erde ist - ein Baum, ein Mensch, eine Katze, die Dinge etc.

Eine ruhige und selbstsichere Per- sönlichkeit ist so wenig aus der Bahn zu werfen wie der Tai Shang (Gelber Fluß). Die Taube sitzt in der Mitte des Baumes, ein langer Augenblick ruhigen Herzensraumes. Die Katze schläft im Sessel eingerollt. Zufriedenheit kommt ungewollt.

Der Falke ist zu seinem Jungen

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nicht weniger treusorgend als die Taube in der Laube, aber Brutpflege allein kann die Mittel nicht heiligen. Der Zweck kann die Machtiavellischen Mittel nie heiligen, auch wenn diese sich nach Zwecken richten. Ein gutes Ziel will auch mit guten Mitteln erreicht sein, auch wenn die friedliche Absicht nicht immer in strahlendem

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Weiß einher- stolzieren darf.

Des Menschen Existenz ist ganz bestimmt bedingt durch das Absurde. Sein Dasein wurzelt schon in frühester Urzeit im Gegensatz zur einfachen Natur. Er nistet ewig im Widerspruch. Wie soll er da erst Frieden unter seinesgleichen Schmeck-, Fühl-, Seh-, Denk- und Riechmaschinen finden?

 

Der Frieden auf dieser Ebene ist nicht unter den Lebenden. Aber so schlimm kann doch der Tod für uns nicht sein? Wo doch der Mensch für ihn gemacht ist und, aufs Sterben angelegt, gerade so wie Tinguelys Kunstmaschinen, die sich selbst abstellen oder sogar zerstören.

FINIS

 

 

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Last modified: October 12, 1996