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Der blinde Fleck der KI - Forschung

Anmerkungen zu den Artikeln von Gotthard Günther:

"Can Mechanical Brains Have Consciousness ?
und 
"Die Entdeckung Amerikas und die Sache der Weltraum-Literatur"

von Eberhard von Goldammer

Die digitale Aufbereitung und Veröffentlichung eines Aufsatzes, der vor beinahe 50 Jahren von dem Philosophen Gotthard Günther in einem der führenden Science Fiction Magazine [1] zu einem Themenkomplex wie dem des "Maschinellen Bewußtseins" veröffentlicht wurde, berechtigt zu der Frage, ob dieser Aufsatz inhaltlich überhaupt noch aktuell ist. Berücksichtigt man die Flut der Veröffentlichungen, die über diesen Themenkomplex heute seitens der Philosophie und der KI - Forschung produziert wird [2], dann stellt sich diese Frage erst recht.

Die Antwort auf diese Frage ist verblüffend: Dieser Aufsatz ist noch immer avantgardistisch und allen Veröffentlichungen, die heute zu diesem Themenkomplex erscheinen, weit voraus. Der Grund dafür ist sehr einfach: Gotthard Günther analysiert das Problem aus der Sicht des Logikers und damit fällt seine Analyse auf die Frage "Can Mechanical Brains Have Consciousness ?" sehr deutlich aus und unterscheidet sich gerade durch die wissenschaftliche Klarheit und logische Strenge gegenüber allen vergleichbaren Arbeiten, die bis heute zu dieser Thematik angefertigt wurden und immer noch publiziert werden. Es wäre allerdings ein Irrtum das Werk Gotthard Günther´s allein aus seinen Beiträgen zur Science Fiction Literatur beurteilen zu wollen, wir haben daher eine Inhaltsangabe der 3-bändigen Serie "Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik" als pdf-File beigefügt [3]. Insbesondere in Band I finden sich zwei Titel: "Seele und Maschine" und "Die zweite Maschine". Beide korrespondieren ganz unmittelbar mit der Thematik des hier präsentierten S.F.-Artikel. Auch das Buch "Das Bewußtsein der Maschinen - Eine Metaphysik der Kybernetik" sollte in diesem Zusammenhang erwähnt werden [4].

Um dem interessierten Leser eine kleine "Kostprobe" der Arbeiten Gotthard Günther´s zu geben, haben wir ebenfalls das Vorwort zu "Idee und Grundriß einer nicht-Aristotelischen Logik" der ersten Auflage aus dem Jahr 1957 hier als pdf-File beigefügt [5]. Wir zitieren zum Themenkomplex "Maschinelles Bewußtsein" aus diesem Vorwort. Günther schreibt dort:

... Sein - überhaupt als die metaphysische Wurzel alles Seienden ist nicht Reflexion. Und Reflexion kann nicht in Seinskategorien begriffen und verstanden werden. Sein ist - so lehrt uns die klassische Tradition - absolute Identität der Existenz mit sich selbst. Sie ist das absolute Ausgeschlossensein des anderen (dateron). So ist es das Wesen des Seins, nur Beziehung auf sich selbst und zu sich selbst zu haben. Reflexion aber ist das Verhältnis des Bildes zum Abgebildeten. In den "Tatsachen des Bewußtseins" (1813) bemerkt Fichte: "... Ich nun erscheint sich niemals bloß als Ich, sondern immer mit einem Bilde, als habend und seiend ein Bild; denn nur dadurch, daß es sich also erscheint, erscheint es sich auch als Ich, und wird verstanden." Und einige Absätze weiter heißt es noch einmal: "das Ich erscheint sich in und mit einem Bilde überhaupt, und zwar mit einem Bilde des Seins." (Ende des Zitats)

An anderer Stelle schreibt Günther : 

... Ist Sein des Seienden das erste, einzige und letzte Thema des Begreifens, oder besitzt das Denken in sich die Möglichkeit, über jene bisher äußerste Grenze seiner theoretischen Intentionen in neue trans-klassische metaphysische Regionen des begrifflichen Verstehens vorzustoßen ?
Die bisherige Geschichte des abendländischen Denkens hat diese Frage selbstsicher und emphatisch verneint .... (Ende des Zitats)

Aus diesen Zitaten wird zweierlei klar: Erstens handelt es sich bei der Thema "Maschinelles Bewußtsein" in allen seinen Varianten um ein zutiefst wissenschaftslogisches Problem, denn es gilt selbstreferentielle, d.h. selbstrückbezügliche, Prozesse widerspruchsfrei formal zu modellieren; zweitens scheint die heutige KI-Forschung dieser wissenschaftslogischen Problematik gegenüber völlig blind zu sein - sie ist sozusagen unfähig ´Wahrnehmen wahrzunehmen´.

Es soll an dieser Stelle noch auf weitere Quellen im Internet zu den Arbeiten von Gotthard Günther verwiesen werden. Hier ist vor allem das Günther Archiv zu nennen:

http://www.thinkartlab.com/pkl//archive.htm

Desweiteren sei auf die beiden Artikel von Joachim Castella "Der Gang an der Grenze" und die "Die Monographien Gotthard Günthers - Einleitung in das Denken Gotthard Günther´s" der PCL_GROUP verwiesen:

http://www.thinkartlab.com/pkl//media-pool.htm

Der zweite Artikel "Die Entdeckung Amerikas" wurde 1952 aus dem Amerikanischen übersetzt und in einer deutschen Science Fiction Serie veröffentlicht [6]. Dieser Artikel hat - wie alle Arbeiten Günthers - wiederum mehrere Facetten. Zum einen wird hier die Beziehung Günthers zur Science Fiction Literatur dargestellt [7] . 

Zum anderen schimmert hier eine geschichtsphilosophische Seite des Philosophen und Logikers Gotthard Günther durch [8]. Dies ist jedoch keineswegs so überraschend wie es manchem erscheinen mag [9], wenn man bedenkt, daß Günther die Grundlagen für eine Theorie der Subjektivität bzw. eine Theorie lebender Systeme gelegt hat.

Einen Zusammenhang zwischen den beiden Artikeln "Can Mechanical Brains Have Consciousness?" und "Die Entdeckung Amerikas" mag der Leser zunächst selbst herausfinden. In einem später erscheinenden Beitrag werden wir Interpretationen dieses Zusammenhangs im Detail darstellen.

Quellen:

[1] Der Artikel wurde in dem Magazin. "Astounding Science Fiction" (John W. Campbell jr, editor) 1953 publiziert. zurück zum Text

[2] Einige Beispiele und deren WWW-Adressen zu dem heute etwas in Mode gekommenen Themenkomplex (weitere Arbeiten finden sich jeweils unter den angegebenen Adressen): zurück zum Text

 

[3] Inhaltsverzeichnis der 3-bändigen Ausgabe: "Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik" - PDF-File zurück zum Text

[4] Gotthard Günther: "Das Bewusstsein der Maschinen - Eine Metaphysik der Kybernetik", AGIS-Verlag, Baden-Baden und Krefeld, 1963. zurück zum Text

[5] Gotthard Günther: "Idee und Grundriß einer nicht-Aristotelischen Logik", Felix Meiner Verlag, Hamburg : < http://www.meiner.de > unter der Rubrik Gesamtverzeichnis - Monographien/Reihen. Dieser Band ist mittlerweile in der 3. Auflage erschienen. PDF_File: Vorwort zu "Idee und Grundriß..." zurück zum Text

[6] Gotthard Günther, "Die Entdeckung Amerikas und die Sache der Weltraum-Literatur", K. Rauch Verlag, Düsseldorf, 1952. zurück zum Text

[7] Wer diesen Aspekt vertiefen möchte, dem sei Günther´s "Selbstdarstellung im Spiegel Amerikas" als Lektüre empfohlen : G. Günther, "Selbstdarstellung im Spiegel Amerikas" In Philosopie in Selbstdarstellung, Band II, Felix Meiner Verlag, Hamburg, 1975 zurück zum Text

[8] Hier verweisen wir auf "Maschine, Seele und Weltgeschichte" aus Band 3 der "Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik", Felix Meiner Verlag, Hamburg, 1980. zurück zum Text

[9] Es sei auch auf die Home_Page des IFF-Klagenfurt und der dort publizierten Arbeit von Arno Bammé ""AMERIKA" UND DER KAMPF DER KULTUREN" verwiesen: http://www.uni-klu.ac.at/groups/iff/guenther/index.htm zurück zum Text

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