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   Schwebebahn

von A. J. Weigoni & Frank Michaelis

Viel wurde in den letzten Jahren über Popliteratur geschrieben. Ein weithin unbeachteter Aspekt ist dabei, daß maßgebliche Impulse für die Entstehung einer Popliteratur vom Rheinland ausgingen. Am Anfang standen die Autoren und Übersetzer Rolf Dieter Brinkmann und Ralf-Rainer Rygulla, die ab Mitte der 1960er Jahre in Köln lebten und von hier aus der amerikanischen Beat- und Untergrund-Literatur deutschlandweite Aufmerksamkeit verschafften.

In Düsseldorf betrieben A. J. Weigoni und Frank Michaelis im Akademie-Umfeld mit der Literatur eine multimediale Hörspielerei zwischen Performance, Theater und Lesung. Bereits 1991 legte dieses Duo die zum Schlagwort gewordenen »Literaturclips« vor. Den Hörbuchpionieren kommt damit das Verdienst zu, die Lyrik nach 400 Jahren babylonischer Gefangenschaft aus dem Buch befreit zu haben.

Diese Literaturclips mögen heiße Luft sein, sind aber angereichert mit purem Sauerstoff. Sauerstoffhappen, eher Häppchen, die den Ohrganismus am Überleben halten. Das frühzeitige Erkennen, daß in der Kürze der einzelnen Beiträge der Erfolg zum langen Atem liegt – beim Produzenten vielleicht, beim Zuhörer gewiss – ist sehr hoch anzurechnen. Mit der Kürze entsteht eine Konzentration auf das Elementare.

 

Beinahe verschwörerisch rezitiert Weigoni den »Schwebebahn«-Text. Michaelis bläst ein Saxophon, dessen bewußt blecherne Schwüle leicht eine ganze New Yorker U–Bahn–Station unterhalten könnte. Wahrscheinlich haben sich die Artisten deshalb beim Dreh in Wuppertal so heimisch gefühlt.

Matthias Hagedorn