Wir müssen auch an unsere nächsten Generationen denken! Wer weiß, was alles
passiert? Ein Brand, ein Erdbeben, eine Überschwemmung oder die fortschreitende
Zivilisation können Altertümer in kürzester Zeit für immer vernichten. So ist es
leider schon zu oft geschehen. Mit modernster Technik können wir heute jedes Objekt im
Rechner konservieren und unseren Kindern diese einzigartigen Kulturgüter der Menschheit
in einer Form erhalten, die zumindest eine spätere Rekonstruktion ermöglicht.
Ein Beispiel dafür ist ein stark verkleinertes Modell des Löwentempels, welches aus den
von mir entwickelten Computerdaten mittels der Stereolithographie - ein UV-Laser härtet
computergesteuert einen flüssigen Polymer - erzeugt werden soll. Diese Technik ist
momentan noch relativ teuer, wird aber einer der wenigen Auswege sein, durch Kopien (in
Originalgröße) Altertümer zu ersetzen. Die Weiterführung geht in die virtuelle
Realität, in der wir uns per Datenhelm in einem Computerabbild des Tempels bewegen
können. Solch ein erstes virtuelles Abbild wurde mit Hilfe der Fraunhofer-Gesellschaft
Stuttgart erstellt. Eine nochmals überarbeitete und optimierte Variante des virtuellen
Löwentempel wird voraussichtlich im Heinz Nixdorf Forum in
Paderborn zu "erleben" sein.
Die hohen Anschaffungskosten für derart leistungsfähige Systemumgebungen werden vorerst
einen Einsatz dieser Technik stark beschränken. Nicht jedes Institut oder Museum wird
sich solch ein System leisten können. Aber wer hindert uns Archäologen daran, auch über
Ländergrenzen hinweg Anlaufpunkte einzurichten, in denen Spezialisten zusammenarbeiten,
die eine interdisziplinäre Ausbildung haben? Durch Konzentration der Mittel lassen sich
dadurch in kürzester Zeit gute Effekte erzielen. Glücklicherweise gibt es in letzter
Zeit einige Bestrebungen, vor allem international, in diese Richtungen.
Ein weiterer nicht zu unterschätzender Aspekt dieser Arbeit ist, daß sich Studenten auch
in frühen Phasen ihres Studiums mit dem archäologischen Material vertraut machen
können. Dies geschieht durch eine 3D-Computeranimation weitaus anschaulicher als durch
bloßes Betrachten von Fotomaterial.
Nach einer abschließenden Auswertung der Arbeiten für dieses Projekt werden einige neue
Projekte zu diesem Themengebiet in Angriff genommen. Es werden andere Tempelanlagen im
Sudan (oder auch anderen Ländern) in Computermodelle umgesetzt. Ein weiteres Projekt
beschäftigt sich mit den Möglichkeiten, per Datenhelm in VR Reliefs zu rekonstruieren
bzw. 3D-gescannte Architekturelemente zu wahrscheinlichen Architekturkomplexen
zusammenzusetzen. Es ist technologisch schon heute möglich, daß Archäologen an
verschiedenen Orten der Welt gleichzeitig per Internet an derartigen Projekten arbeiten.
Ein gutes Beispiel ist die Zusammenarbeit bei der Überführung des Tempelmodells in VR,
welche -bisher nur über Internet- zwischen Oskar
von Bohuszewicz (Mitarbeiter des Heinz Nixdorf Instituts der Universität GH
Paderborn) und Steffen Kirchner (Student der Humboldt-Universität zu Berlin) vollzogen
wird. Entfernungen spielen heutzutage keine Rolle mehr.
Viel schwieriger wird es sein bisher eingespielte Arbeits- und Denkweisen als auch
Vorbehalte gegen die moderne Technik zu überwinden. Durch entsprechende Organisation und
etwas gutem Willen lassen sich auf solcherart Projekte kostengünstig realisieren.
In letzter Zeit finden solche Arbeiten auch eine - noch - kleine Basis in den
archäologischen Disziplinen. Einige durchaus ernstzunehmende und gut gemachte Ansätze
zeigen die Richtung, in die die Archäologie gehen kann.
Da sind unter anderem das Upuaut-Projekt von dem Münchener R. Gantenbrink, die
Modellierung des Pergamonaltars durch das IIEF, das Modell des Karnak-Tempels von den
Teams des technologischen Mäzenates Electricité de France. Eine weiterführende
Aufzählung solcher Aktivitäten würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Besuchen Sie
den angegebenen Link der SAG für
weiterweisende Links zu diesem Thema.