|
life as polycontexturalityEinige Anmerkungen zu Teil 2 von 3Eberhard von Goldammer "... nur über die »Kultivierung« der
Naturwissenschaften und nicht über die »Zivilisierung« der
Geisteswissenschaften kann die Kultur die Zivilisation eventuell im Zaume
halten!" Während in der kybernetischen Literatur das Gebiet der Semiotik [1] ein zentrales Forschungsgebiet darstellt, findet man weder in den Büchern zur Künstlichen Intelligenz [2] noch in den einschlägigen Lexika der Informatik etwas über den Begriff "Semiotik". Dieser Begriff existiert in der Informatik – jedenfalls im deutschsprachigen Raum – nicht. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man in dem Buch über Wissensrepräsentation und Inferenz von W. Bibel et al. [3] in dem Kapitel 2.11.13 folgende zum Nachdenken anregende Aussage liest: [4] "Die Prädikatenlogik (nicht notwendig erster Stufe) enthält alle strukturellen Ausdrucksmöglichkeiten, die erforderlich sind, um rationales Wissen adäquat zu formulieren. Ihre Semantik liefert zu jeder solchen Formulierung einen Sinn, an dem wir als externe Beobachter u.a. prüfen können, ob die Formulierung dem Gemeinten entspricht. Jeder andere Repräsentationsformalismus, der eine solche Semantik ebenfalls bereitstellt, läßt sich eineindeutig auf die Prädikatenlogik abbilden. Darüber hinaus ist kein Formalismus komplexitätsmäßig leistungsfähiger in bezug auf die erforderlichen (ggf nicht rein klassischen) Inferenzprozesse als sein prädikatenlogisches Äquivalent (vorausgesetzt natürlich, die Inferenzprozesse sind mit "gleich" leistungsfähigen Techniken implementiert, deren Existenz diese These in bezug auf die Prädikatenlogik postuliert).
Nach Meinung der Autoren von Wissensrepräsentation und Inferenz ist also nur das Wissen als rational zu betrachten, welches mit Hilfe des Prädikatenkalküls (nicht notwendig erster Stufe) formuliert werden kann, und die Autoren sehen ganz offensichtlich darin, wie sie es nennen, ... die Überwindung von . Hier stellt sich nicht nur die Frage nach der Definition von "rationalem Wissen", sondern hier türmen sich die unterschiedlichsten Fragen auf, je nachdem, welches kulturelle Hintergrundwissen der jeweilige Leser hat. Je geringer dieses Wissen, um so kleiner ist der Berg von Fragen. Es muß an dieser Stelle nicht extra betont werden, daß
die Bedeutung von Begriffen oder Sätzen in aller Regel vom Kontext abhängig
ist, und daß auf der anderen Seite die Programmiersprachen unserer heutigen
Computer sich gerade dadurch auszeichnen, daß die kontextfrei sind. Deshalb
braucht man für deren Interpretation auch keine Semiotik. Anders gewendet, das
Computerprogramm muß und kann auch nicht aus eigener Leistung darüber
entscheiden, in welchem Kontext ein Begriff der verwendeten Programmiersprache
unter welchen Umständen welche Bedeutung hat. Unser Wissen allerdings ist in
aller Regel nicht kontextfrei, denn dann wären wir ebenso dumm wie die
Computer. Selbst naturwissenschaftliches Wissen ist nicht immer kontextfrei,
obwohl man sich gerade dort bemüht, die Bedeutung von Begriffen so eng wie
möglich zu gestalten, dafür verwendet man bekanntlich die mathematische
Sprache als Kommunikations- und Ausdrucksmittel. Es ist aber beispielsweise
dem Experimentator überlassen, ob er ein physikalisches System im Modell von
Teilchen (Korpuskeln) oder im Modell von Wellen beschreibt. Das hängt ganz vom
Kontext ab, in dem das jeweilige physikalische System betrachtet wird. Einen
fliegenden Tennisball wird man aus Gründen des praktischen Rechnens nicht im
Modell einer Welle beschreiben, obwohl das prinzipiell möglich wäre. Das soll
an dieser Stelle aber nicht weiter vertieft werden. [schlagen -->{klopfen, prügeln, pulsieren} --> Eine derartige Definitionsstruktur läßt sich nicht mehr
als hierarchische Baumstruktur darstellen, wie dies bei Substantiven durchaus
noch möglich ist. Hier resultiert eine netzwerkartige Struktur, ähnlich einem
Myzel – sozusagen die Pilze von Babel. Damit ist diese Struktur prinzipiell nicht mehr mit Hilfe des Prädikatenkalküls - und zwar gleichgültig welcher Stufe – darstellbar ! Goddard und Routley schreiben in ihrem Buch The Logic of Significance and Context: [5] "... the crucial role of the context is that it
determines the actual sense and aboutness of the sentences used [....] A
context is defined by a set of descriptions which give the time and place of
utterance, the topic of conversation, the identifications made, and similar
detailed information. [....] All relevant features of the context, whether
standard or not, may be described by using sentences, so that, from a logical
point of view, a context may be represented by a set of sentences, namely
those which specify the context..." Mit anderen Worten, kontextuierte Aussagen oder kontextuiertes Wissen wird durch andere Aussagen kontextuiert, und da der Kontext nun durchaus wiederum ein kontextuierter Text sein kann, ist es gerade die Verwendung des Prädikatenkalküls (in welcher Stufe auch immer) dessen Applikation für die Formulierung von Wissen, zum Bau des Turms von Babel führt. Das ist der Turm der Meta-Meta-Meta- .... –Kontexte, Stufen oder Typen. Was aber noch viel schwerer wiegt, ist die Tatsache, daß nach Meinung der Autoren von 'Wissensrepresentation und Inferenz' alles Wissen, was sich nicht im Sprach-Rahmen des Prädikatenkalküls adäquat formulieren läßt, als nicht-rationales Wissen bezeichnet werden muß. Das folgt logisch aus der Aussage der Autoren, einer Aussage, mit der sie sicherlich nicht ganz alleine dastehen. Andererseits lesen wir in dem Buch des Biochemikers und Sinologen Joseph Needham 'Science and Civilization in China' nun aber folgendes: [6] "In the Chinese tradition, words are taken to have meanings primarily in so far as they function in concrete utterances on concrete occasions. A commentary gloss on a word will not tell you what that word as such means, but rather what the word is used to convey in the concrete context..." Und in der deutschen Version 'Wissenschaftlicher Universalismus' des gleichen Autors lesen wir über die Logiker im alten China [7]: "Die Mohisten und Logiker versuchten, die Fundamente zu legen, auf denen die Welt der Naturwissenschaft erbaut werden konnte. Dabei neigten sie unverkennbar - wie die Darstellung von Paradoxa und Antinomien zeigt - eher zur dialektischen als zur formalen Logik. Diese Neigung ist für das chinesische Denken typisch, das immer mehr mit Relationen als mit den Problemen der Entitäten beschäftigt ist." Die chinesische Kultur war und ist alles andere als
nicht-rational !! Es ist in der Tat so, wie Kronthaler in seinem Text
Zahl –
Zeichen – Begriff schreibt: In Teil 2 von 3 von ´life as polycontexturality´ stellen wir drei Texte von Engelbert Kronthaler vor, der mit einer Arbeit Zur Grundlegung einer Mathematik der Qualitäten, einer Theorie über dialektische Zahlen, promoviert hat. 1) Engelbert Kronthaler |
|
vordenker Contact: webmaster@vordenker.de |
||